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Samstag, 26. Dezember 2009

WEIHNACHTEN IN 2009 ALANYA

Gut besuchte Gottesdienste in einem überfüllten Theaterkeller – das konnten wir an Weihnachten erleben. Wir sind dankbar dafür. Das staatliche Forstamt hatte uns eine richtige Tanne spendiert, die wir lediglich mit Strohsternen – meist noch aus der Ära von Pfr. Kusch und seiner Frau Hanna stammend – und Naturkerzen geschmückt hatten. Auf dem Weg zur Vesper und auch zum gemeinsamen zweisprachigen Gottesdienst zusammen mit den niederländischen Schwestern und Brüdern am 1. Weihnachtstag war natürlich nichts Weihnacht-liches zu sehen. Auch die Temperaturen von über 20 Grad erinnerten kaum daran.
So war unser Gottesdienstraum der einzige Ort, an dem wir das Fest spürten. Das Entscheidende kam zum Tragen und rückte ins Bewusstsein: Die gute Nachricht von der Menschwerdung Gottes, die eine Zeitenwende herbeigeführt hat. Das stand mit Bibeltexten, Liedern und Gebeten ganz und gar im Mittelpunkt.
Ähnlich auf am 1. Weihnachtsfeiertag. Weihnachten ist hier anders. Ich habe das Gefühl, dass es uns mit seinem Kern eher näher war und ist.

Einige Bilder und die Predigt aus der Christvesper sind nachfolgend zu finden.

Viele Grüße aus Alanya an alle Leser dieser Nachricht und alle Freundinnen und Freunde unserer Gemeinde an der türkischen Südküste.

Johann Weingärtner, Pfr.i.R. in Alanya






PREDIGT

Denn es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen
und nimmt uns in Zucht, dass wir absagen dem ungöttlichen Wesen und den weltlichen Begierden und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt leben
und warten auf die selige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes und unseres Heilands Jesus Christus,
der sich selbst für uns gegeben hat, damit er uns erlöste von aller Ungerechtigkeit und reinigte sich selbst ein Volk zum Eigentum, das eifrig wäre zu guten Werken. ( Titus 2, 11-14)

Was ist Weihnachten für uns, liebe Gemeinde? Für uns ganz allgemein, oder besser ganz konkret, hier in Alanya?

Viele Elemente die zur Weihnachtszeit in Deutschland ganz selbstverständlich dazugehören, gibt es hier nicht:

- Keine Weihnachtsmärkte mit Glühwein, gebrannten Mandeln und Bratwurstduft.
- Keine Dekorationen der Konsumtempel, die zum Kaufen von Geschenken animieren.
- Keine festlich mit vielen Lichterketten und Tannenbäumen geschmückte Innenstadt.
- Und heute Abend keine festliche Kirche oder gar gotische Kathedrale mit großer Orgelmusik, Kirchenchor, Bläsergruppe, Flötenkreis und was wir uns sonst noch vorstellen mögen.

Dafür umgibt uns eine ganz normale türkische Touristenstadt mit dem für die Winterzeit reduzierten Basar. Ein Kellerraum, dem wir ein wenig weihnachtliches Flair zu geben versucht haben, in einem Kulturhaus als Ort für die Christvesper,

Vieles aber von dem, was in der Weihnachtszeit in Erscheinung tritt, fehlt. Vermissen wir es? Müssen wir es vermissen?

Es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen – so beginnt der für Christvesper 2009 vorgesehene Bibeltext. Eine ganz andere Erscheinung‚ wie mir scheint. Nicht all die Utensilien einer westlichen Weihnachtswelt, in der immer mehr Menschen überhaupt nicht mehr wissen, worauf dieses Fest eigentlich zurückzuführen ist, sondern: heilsame Gnade für alle Menschen. Ja, liebe Gemeinde, diese Botschaft ist in der oft genug gnadenlosen Geschäftemacherei mit dem Fest unter so manchen Glitzerkram und Flitter und reichlich Geschenkemüll begraben worden.

Wir hier heute Nachmittag haben das alles nicht vor Augen. Was bleibt? Ich nenne es einmal: Weihnachten pur.

Vielleicht sind wir ja in der Tat mit unserer schlichten Form näher dran an dem, was geschah und was wir uns heute an diesem Abend erneut vergegenwärtigen.
Gott erscheint unter den Menschen. Er erscheint nicht in machtvoll heroischer Gestalt‚ sondern als hilfloses Kind von Eltern, die Schwierigkeiten mit dieser Schwangerschaft hatten und die nicht einmal einen angemessenen Ort für die Geburt fanden. Sie standen vor verschlossnen Türen.

Wenn Gott zu den Menschen kommt – dann steht er erst einmal vor manch einer verschlossenen Tür. Das war nicht nur damals in Bethlehem so – das gibt es auch heute noch. Gibt es bei uns heute Abend Offenheit für ihn? Nur mal so zwischendurch gefragt. Oder weshalb sind wir hier?

Jedenfalls‚ heilsame Gnade will uns erscheinen. Wie sieht die aus? Gnade ist ja problematisches Wort. Aus der Juristensprache kennen wir den Tastbestand der Begnadigung. In der Praxis ist die meist nicht unumstritten. Hat der oder die das verdient? Darf man in einem schweren Fall Gnade vor Recht ergehen lassen und Strafe aussetzen oder gar total erlassen?

Die Bibel ist durchaus nicht allzu weit entfernt von solchen Gedanken, wenn es um Gnade geht. Geht das an, dass Gott gnädig ist mit Menschen – auch seiner Kirche – die sich oft genug wenig um ihn schert.

Wie ist das mit dem Auftrag geworden, diese Schöpfung, diese unvergleichlich schöne Erde, zu bebauen und zu bewahren. Der Klimagipfel, der gerade zu ende gegangen ist, hat wieder deutlich gemacht, dass nachhaltige zukunftsorientierte Umweltpolitik im Macht – und Geldgeschacher der Nationen kaum eine Chance hat. Da wird sogar mit Abgaszertifikaten ein schwunghafter Handel mit Steuerbetrug inclusive betrieben.

Was ist aus der Botschaft vom Frieden auf Erden geworden, den Jesus, der Friedensbringer uns vorgelebt hat? ER ist – wenn es gut geht – zu einem oft genug mehr als faulen Kompromiss verkommen, der die Ursachen für den nächsten Gewaltausbruch schon in sich trägt. Und immer noch glauben Machthaber, dass mit Gewalt Frieden zu schaffen sei. Es ist nie gelungen und es wird nie gelingen. Wer Frieden will‚ muß mit dem Kopf des Gegners denken und mit seinem Herzen fühlen können.

Was ist aus dem Auftrag, Gerechtigkeit zu schaffen, geworden? Wegnehmen statt Teilen, Egoismus statt Solidarität, Habgier statt Barmherzigkeit allüberall.

Es mag genügen. Soll Gott dem Menschen gnädig sein, der sich seinem Gebot so widersetzt hat und widersetzt? Soll er Gnade vor Recht ergehen lassen? Auch und gerade denen gegenüber, die Gott auch noch die Schuld für dieses Versagen in die Schuhe schieben wollen? Die Frage: „Wie kann Gott das zulassen“‚ die sicher in manchen Fällen durchaus ihre Berechtigung hat, wird häufig genug leicht gestellt, um die Verantwortung für eigenes Versagen von sich zu weisen.

Gott ist dennoch gnädig – sagt unser Bibelwort. Und seine Gnade ist heilsam. Sie heilt. Sie heilt die relativ kaputten Wesen, die als gedungene Hirten auf den Feldern von Bethlehem ihr Dasein fristen. Ihnen erscheint Gott. Sie sind die erste Adresse seines Besuches. Und die freuen sich. Die spüren, wir sind nicht die Verachteten, uns wird eine unzerstörbare Würde zuerkannt. Das, liebe Gemeinde, ist heilsame Gnade. Keinem darf die Würde eines vollwertigen Menschseins abgesprochen werden, denn jeder Mensch ist, seit Jesus erschien und mit ihm die heilsame Gnade, ein Kind Gottes, auch noch wenn er oder sie in der Gosse geendet ist. Ein Goldstück bleibt Gold wert, auch wenn es im Rinnstein liegt.

Sehen wir uns auf diesem Hintergrund doch einmal das Sozialverhalten unserer Tage an. Da ist doch jemand eher ein so genannter Leistungsträger, der viel geerbt hat und das Vermögen klug investiert‚ als die Packerin im Supermarkt, die sich für einen Hungerlohn den Buckel krumm macht und dann noch beim Sozialamt anstehen muss, um sich und ihr Kind durchzubringen. Diese Frau und all ihre Mitgenossinnen sorgen dafür, dass der Inhaber der Marktkette große Vermögen ansammeln kann. Und er wird als Leistungsträger hofiert und entlastet. Es tut mir leid, liebe Gemeinde – das ist perverses Denken und Handeln.

So kommt die heilsame Gnade unter die Räder einer gnadenlosen profitorientierten Gesellschaft. Und viele, die gehofft hatten, dass die Krise zu einem Umdenken führe, haben sich schwer getäuscht.

Licht muß her, in diese humanitäre Dunkelheit hinein, Weihnachten ist das Licht. Der Christus, das Kind in der Krippe ist das Licht. Der Wanderprediger Jesus unterwegs zu den Mühseligen und Beladenen, den Ausgestoßenen und Kranken, den Leistungsunfähigen und auch den in ihrer Gier verkrümmten Figuren – der ist das Licht. Und wir können, ja wir sollen ein kleines Licht werden in dieser Welt. Jede und Jeder an seinem und ihren Ort. So wie der Schreiber unseres Bibeltexte fortfährt, nachdem er das Erscheinen der heilsamen Gnade gepriesen hat:
Die heilsame Gnade nimmt uns in Zucht, dass wir absagen dem ungöttlichen Wesen und den weltlichen Begierden und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt leben und warten auf die selige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes und unseres Heilands Jesus Christus,
der sich selbst für uns gegeben hat, damit er uns erlöste von aller Ungerechtigkeit und reinigte sich selbst einem Volk seines Eigentums, das eifrig wäre zu guten Werken.
Darum wohlan, liebe Gemeinde, die wir heute mit so wenig äußerem Glanz das Fest begehen. Damit könnten wir glänzen, mit dieser alternativen Lebensform, die ein Gegenbild darstellt zu einer gottlosen Welt, die den Menschen kein Wohlgefallen mehr zukommen lässt, vor allem denen nicht, die es am nötigsten brauchen. Bei denen aber ist Gott Mensch geworden, mit denen hat er das Leben geteilt. Und mitten unter denen ist er gestorben. Der konnte sich sehen lassen. Ja, der ließ sich sehen am dritten Tag. Und der ist lebendig. Lebendig unter uns. Und wir spüren ihn, wenn wir von der heilsamen Gnade Gottes leben und sie teilen mit allen, die zu uns gehören und auch mit denen, die uns begegnen, die wir an und auf unserem Weg sehen und eben besonders denen, die sie am nötigsten brauchen.
So wird Weihnachten heute – und warum nicht? – auch durch das ganze Jahr.
Amen

Montag, 7. Dezember 2009

ZEITENENDE - ZEITENWENDE

So lässt sich die Zeit zwischen dem Ende des alten und dem Beginn des neuen Kirchenjahres bezeichnen. Wir Christen hier in Alanya haben das besonders eindrücklich erlebt. In den Wochen im November haben sich die Todesfälle und Trauerfeiern auf dem christlichen Teil des Friedhofes – zumindest für unsere Verhältnisse – gehäuft. Das war Anlass genug über Ende und Anfang, Loslassen und Gewinnen, Dunkelheit und Licht, Tod und Leben nachzudenken.


Im Folgenden sind Bilder einer Trauerfeier und unseres für die Adventszeit geschmückten Kellers im Kulturhaus zu sehen. Außerdem sind die beiden Predigten von Pfr. Weingärtner sowohl zum Ewigkeitssonntag und zum 1. Advent abgedruckt.







PREDIGT ZUM 1. ADVENT 2009 IN ALANYA

Römer 13 8-14,

8 Seid niemandem etwas schuldig, außer dass ihr euch untereinander liebt; denn wer den andern liebt, der hat das Gesetz erfüllt.

9 Denn was da gesagt ist: »Du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht töten; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht begehren«, und was da sonst an Geboten ist, das wird in diesem Wort zusammengefasst: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.«

10 Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. So ist nun die Liebe des Gesetzes Erfüllung.

11 Und das tut, weil ihr die Zeit erkennt, nämlich dass die Stunde da ist, aufzustehen vom Schlaf, denn unser Heil ist jetzt näher als zu der Zeit, da wir gläubig wurden.

12 Die Nacht ist vorgerückt, der Tag aber nahe herbeigekommen. So lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts.


So einfach ist das also, liebe Gemeinde: Wir brauchen eigentlich für unser Zusammenleben keinen ordnenden Gesetzeskatalog, in dem aufgezählt wird, was uns alles nicht erlaubt ist: Du sollst nicht. Vier Mahl steht das da in dem Bibelwort, das wir eben gehört haben. Und dann wird noch erwähnt, dass das eigentlich nur modellhaft gemeint ist, dass es noch viel mehr solcher „Du sollst nicht“ gibt. Das Alles brauchen wir eigentlich nicht. Wenn, ja wenn dies eine Gebot Wirklichkeit wird: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.


Tätige Liebe macht also alle Ge – und Verbote überflüssig.
Tätige Liebe braucht keinen weiteren Verhaltenskodex
Tätige Liebe ist des Gesetzes Erfüllung – sagt Paulus


Wenn es die denn gäbe, liebe Gemeinde. Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. Diesen fulminanten Satz stellt der Apostel ja seinem Postulat voran.

Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. Dem Nächsten nichts Böses tun?

also nicht mal eben über ihn herziehen, wenn uns etwas nicht gepasst hat
also nicht erfahrenes Unrecht mit gleicher Münze heimzahlen
also auf keinen Fall verbale und schon gfar keine körperliche Gewalt gegen ihn oder sie ausüben
also von frühester Kindheit an die Liebe als das alleinige Bindemittel von Beziehungen propagieren und einüben
also lieber Unrecht leiden als Unrecht tun
also – also – also


Ist das möglich? Kann das jemand?

Übersteigt das nicht unsere Kräfte?
Und geht das nicht überhaupt nur, wenn sich alle daran halten?
Ist nicht sonst der Liebevolle der Dumme?
Das sind die Fragen, die die so klare und eindeutige Position des Apostels, der nur auf Liebe setzt, hervorrufen.

Wieder einmal ein Bibeltext, der so schön klingt, weil er deutlich Position bezieht und gleichzeitig durch die erlebte Wirklichkeit total konterkariert wird.

Wie kommen wir da heraus? Kommen wir da überhaupt heraus?

Machen wir den Versuch.


Wir erleben bei uns und anderen, dass das Verhältnis zu den Nächsten weniger von Liebe geprägt ist als von Selbstbehauptung und Abgrenzung. Der Wettbewerb geprägt von persönlichem Ehrgeiz, der oder die bessere zu sein, mehr Bedeutung zu haben, mehr zu leisten oder geleistet zu haben – das alles spielt eine so große Rolle unter uns Menschen. Und das lässt sich doch nicht einfach wegwischen, das ist doch da. Auch wenn wir nicht gleich Ehebrecher oder Mörder oder Diebe sind. Und mit der Proklamation der Liebe als dem alles heilenden Bindemittel menschlicher Beziehungen lässt es sich nicht wegwischen. Wahrlich nicht. Nun könnten wir ja wieder in das altbekannte Verhalten zurückfallen und auch am Beginn dieser Adventszeit darüber klagen, wie so schlimm doch alles ist und vor allem die andern sind. Das hülfe nicht weiter.


Finsternis nennt der Apostel das und ruft uns auf, ins Licht zu treten. Wenn sich doch Morgendämmerung wenigstens anzeigte und die Nacht der Selbstliebe oder gar Selbstverliebtheit zu schwinden begänne.


Der Liederdichter Jochen Klepper hat dieses Bild in seinem Adventslied sehr schön aufgenommen. Und vielleicht hilft es uns weiter. Er singt: „Die Nacht ist vorgedrungen, der Tag ist nicht mehr fern. So sei nun Lob gesungen dem hellen Morgenstern, Auch wer zur Nacht geweinet, der stimme froh mit ein. Der Morgenstern bescheinet auch deine Angst und Pein.“ Ich glaube hier wird uns ein Weg aufgezeigt, auch wenn es scheint, als säßen wir noch im Finstern, und das Licht der großen Liebe hätte uns nicht erreicht.

Mann kann ja darüber klagen, dass eine Kerze noch keine Erhellung bringt. Was macht auch schon eine Kerze gegen die Dunkelheit. Und doch gilt der kluge Satz: Es ist allemal besser eine Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen.

Und dann kann uns Jochen Klepper mit einem weiteren Vers aus seinem Lied noch ein wenig weiterhelfen: „Gott will im Dunkel wohnen und hat es doch erhellt.“ So fängt die Liebe an, liebe Gemeinde. Sie bricht nicht einfach wie ein alles überstrahlendes Licht herein und vertreibt die Dunkelheit von Haß und Selbstsucht wie auf einen Schlag. Hell wird es nicht auf einmal. Das dauert manchmal. Und manchmal auch etwas länger.

Wenn Gott das Licht bringt, seine Licht der Liebe, dann fängt er mit einem kleinen Kind an. Und das liegt nicht einmal in einem umstrahlten Königskinderbett. Alle Heiligenscheine, die das Triste des Viehunterstandes verklären, sind da manchmal eher hinderlich. Gott will wirklich im Dunkel wohnen. Und sein Lebenslauf in der Person des Mannes von Nazareth, der Mensch - gewordenen Liebe Gottes durchläuft eben immer wieder die dunkeln Orte.

Da wo Trauer ist er zu finden und
wo die Not regiert, da sorgt er für Linderung und
wo Unfrieden ist, da stiftet er Versöhnung,
wo Beziehungen zerbrochen sind, da baut er Brücken.
Und als er in tiefster Todesfinsternis verunken stirbt, da beginnt der Ostermorgen schon bald zu grauen.


Vielleicht sind wir ja auf dieser Erde noch nie ganz richtig im Licht des Tages, sondern eher bestenfalls im Morgengrauen. Vielleicht bricht der Tag ja erst an, wenn er – Gott selbst – all dem menschlichen Spuk von Vernichtung und Haß, stets unheiligem Krieg und unmenschlicher Gier nach immer mehr und immer besser und immer größer ein Ende setzt.

Advent sagt mir: Das kommt. Aber noch bin ich zwischen Nacht und Morgen, Dunkelheit und Licht und oft genug auch noch im Zwielicht.


Eine kleine Geschichte ist mir unter die Augen gekommen:

„Zwei Rabbiner, so erzählt eine jüdische Geschichte, unterhalten sich darüber, wann ein Tag eigentlich anfängt. „Wenn du einen weißen Faden von einem schwarzen unterscheiden kannst", sagt einer der beiden. „Nein, mein Bruder", meint der andere, „der Tag beginnt dann, wenn du im anderen deinen Nächsten erkennen kannst."


Wie viel Licht ist dazu nötig, im anderen meinen Nächsten zu erkennen? Wie viele Kerzen müssen dafür brennen? Der erste Advent sagt: Eine Kerze reicht. Eine Kerze ist genug. In ihrem Schein erkenne ich meine Nächsten.

Eine Kerze reicht, um in ihrem Licht im Morgengrauen des heraufziehenden Tages die Kraft des Lichtes zu erfahren.


Wie kann das geschehen? Es kommt wohl darauf an, welche Kräfte ich in mir wirken lasse. Und welchen Kräften ich erlaube, in mir wirksam zu werden.

Ich kann all die Berichte über die Dunkelheiten menschlicher Existenz in mich aufnehmen. Bilder und Texte gibt es genug. Sie sind jederzeit und allen Ortes schnell greifbar. Ein Tastendruck oder ein Mausklick genügt.


Die Adventszeit trägt die liturgische Farbe Violett. Es ist die Farbe der Umkehr, ein anderes Wort für Buße, In früheren Zeiten hat man in diesen 4 Wochen gefastet, um den Kopf und das Herz klar zu kriegen für das Wesentliche, auch für das große Licht, das an Weihnachten in dieser Welt zu leuchten begann. Eigentlich bin ich ganz froh, liebe Gemeinde, dass ich in diesem Jahr in der vorweihnachtlichen Zeit mal nicht in Deutschland bin und meine Augen nicht vom grellen Licht der Reklamen blenden und meine Ohren nicht vom belanglosen Gedudel der Märkte, die in dieser Fastenzeit eben auch ihre Sauf – und Fressmeilen eröffnen, zudröhnen lassen muß. Irgendwann muß man ja mal in die Stadt, wenn man in ihr wohnt. Dieses Jahr kann ich das ganz gut entbehren.


Etwas zu lassen allein genügt aber wohl nicht. Was tritt an dessen Stelle?

Vielleicht die intensivere Besinnung Tag für Tag über dem Wort von dem großen Licht und der unverbrüchlichen Liebe.
Vielleicht die Zeit, bei einander zu sein, Gemeinschaft zu pflegen ohne die Hektik weihnachtlichen Vorbereitungsrummels
Vielleicht dieser einfache Raum hier im Kulturhaus mit seinem kargen Charme.


Auch wenn eine mild durchleuchtete schöne Kirche, vielleicht gar eine gotische, mit dem Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach schon etwas haben, was ich gerne genieße. Sind wir hier im Keller vielleicht doch etwas näher am Geschen zu Advent und Weihnachten dran? Ich laß diese Frage einfach einmal so stehen. Fragen können ja manchmal wach machen. Und der Apostel meint ja wohl, dass wir aufstehen sollen vom Schlaf, denn unser Heil sei nahe. Ja, liebe Gemeinde, wir müssen geheilt werden. Denn auch bei jedem von uns ist einiges kaputt. Und deshalb noch einmal Jochen Klepper mit einem weiteren Liedvers:

„Noch manche Nacht wird fallen auf Menschenleid und Schuld. Doch wandert nun mit allen der Stern der Gotteshuld. Beglänzt von seinem Lichte hält uns kein Dunkel mehr, von Gottes Angesichte kam uns die Rettung her.“


Also, das Widersprüchliche bleibt. Finsternis wird uns immer wieder einfangen, muß uns aber nicht gefangen halten. Eine Kerze brennt schon. Mit den nächsten Wochen werden es nach und nach vier werden. Und am Heiligen Abend eine ganze Menge. Wir werden auch dann hier im Keller sitzen, aber es wird Licht sein. Denn das Licht Gottes scheint in der Finsternis. Wenn wir’s doch nur besser begreifen könnten.

Aber Geduld: Hell wird es nicht auf einmal. Das Morgengrauen, das Halbdunkel sagt uns: Der Tag kommt. Ganz gewiß!

Amen





Pfarrer Weingärtner bei einer Bestattung auf dem christlichen Teil des Friedhofes von Alanya




PREDIGT ZUM EWIGKEITSSONNTAG 2009

MATTHÄUS 25, 1-13


1 Dann wird das Himmelreich gleichen zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und gingen hinaus, dem Bräutigam entgegen.

2 Aber fünf von ihnen waren töricht und fünf waren klug.

3 Die törichten nahmen ihre Lampen, aber sie nahmen kein Öl mit.

4 Die klugen aber nahmen Öl mit in ihren Gefäßen, samt ihren Lampen.

5 Als nun der Bräutigam lange ausblieb, wurden sie alle schläfrig und schliefen ein.

6 Um Mitternacht aber erhob sich lautes Rufen: Siehe, der Bräutigam kommt! Geht hinaus, ihm entgegen!

7 Da standen diese Jungfrauen alle auf und machten ihre Lampen fertig.

8 Die törichten aber sprachen zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl, denn unsre Lampen verlöschen.

9 Da antworteten die klugen und sprachen: Nein, sonst würde es für uns und euch nicht genug sein; geht aber zum Kaufmann und kauft für euch selbst.

10 Und als sie hingingen zu kaufen, kam der Bräutigam; und die bereit waren, gingen mit ihm hinein zur Hochzeit, und die Tür wurde verschlossen.

11 Später kamen auch die andern Jungfrauen und sprachen: Herr, Herr, tu uns auf!

12 Er antwortete aber und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Ich kenne euch nicht.

13 Darum wachet! Denn ihr wisst weder Tag noch Stunde.


In der Ölkrise gehen die Lichter aus, liebe Gemeinde. Fast ein zeitgenössisches Bild, das Jesus uns da in seinem Gleichnis vor Augen malt. Und die Ursache der Krise ist Torheit. Oder vielleicht sogar Tollkühnheit. Ohne groß nachzudenken, ob das Öl auch reichen könnte, also ohne für Nachhaltigkeit zu sorgen, so nach dem Motto: Wird schon gut gehen - so denken und handeln die törichten Jungfrauen. Das kann gründlich ins Aus führen oder sogar in einen Abgrund, zumindest vor eine verschlossene Tür, in eine Sackgasse.


Ganz anders die mit Klugheit ausgestatteten Frauen. Sie sorgen für Vorrat, überschlagen die Kosten des Unterfangens, sorgen entsprechend vor. Und so landen sie bei weit geöffneter Tür in einem zum Festmahl bereiteten Saal.


Auf dem Weg dahin kommt es noch zu einer unerfreulichen, zumindest zwiespältigen Begegnung. Die von Torheit Geschlagenen bitten die mit Klugheit Ausgestatteten um Hilfe durch Teilen. Das wird abgelehnt. So ist das manchmal.


Es gibt ein zu spät. Und wenn Klugheit sich durch Torheit teilen lässt, kommt bestenfalls Mittelmäßigkeit heraus und damit ist letztlich niemandem gedient.

So kommt es, wie es kommen muß: Klugheit führt zum Ziel – Torheit in die Sackgasse.


Nun ließe sich ja trefflich in unseren Tagen darüber diskutieren, was dieses Gedankengut auf politischem und wirtschaftlichen Gebiet wohl an Aufklärung manch übler Zustände, die all – überall zu beobachten sind, zu leisten vermöchte. Und ehrlich gesagt, liebe Gemeinde, ein wenig war ich für kurze Zeit durchaus in Gefahr, mich dazu verleiten zu lassen. Dann aber war mir klar: Jesus hat dieses Gleichnis nicht auf einer Versammlung von Wirtschafts-kapitänen und Investmentbankern und auch nicht auf einer Koalitionsklausur auf Schloß Meseberg erzählt, sondern es steht im Matthäusevangelium. Das aber wendet sich an die junge Kirche im 1. Jahrhundert. Es ist also eine Geschichte für die Kirche, die Christen, auch für uns an der türkischen Südküste heute.


Und dann sind auch gleich wieder beim Thema. Viele Leute meinen ja, in der Kirche gingen eh bald die Lichter aus. Da brennt nichts mehr, da qualmt es nur noch ein wenig. Große Krise! Und mancherorts wird dieser Eindruck in der Tat erweckt.

Andere machen die Erfahrung eines kurzen Aufflackerns, eines Strohfeuers, das schnell in die Höhe schießt, aber nicht von Dauer ist, eben nicht nachhaltig. Fehlt es an Klugheit? Hat die Torheit um sich gegriffen?


Was ist eigentlich Klugheit – und was ist Torheit?

Beiden ist eigen, dass sie nicht vor Müdigkeit bewahrt werden, so erfahren wir im Gleichnis. Alle zehn Jungfrauen schlafen ja ein. – die klugen wie die törichten. Auch die Klugheit kann nicht immer hellwach sein. Sie weiß um die menschlichen Schwächen. Wenn der schnelle Erfolg ausbleibt, kann sie schon müde werden.

Aber wenn es darauf ankommt, dann ist sie hellwach, muß sich nicht erst lange besinnen, auch nicht nach dem nötigen Handwerkszeug suchen. Sie hat sich für den Ernstfall präpariert. Das nun benötigte Instrumentarium liegt stets in Reichweite. Die Lampen sind mit Öl gefüllt gewesen und haben die Zeit des Wartens auch noch mit gut mit Licht erfüllt. Und auch die Ersatzkannen stehen bereit. Es kann losgehen. Der Tag der Entscheidung ist gekommen. Mag die Wegstrecke auch lang sein. Die Energie reicht aus.


Die ist auch nicht mit kurzlebigen Events verpulvert worden, die gibt es bei Kirchens ja gelegentlich auch.
Die hat man sich auch nicht einfach von anderen nehmen lassen. Nicht von irgendwelchen religiösen Modeerscheinungen.
Die hat die Kirche auch nicht in alle möglichen Strukturanpassungs-maßnahmen mit einer Vielzahl von Gremien, Lenkungsgruppen und Fachausschüssen verpulvert.
Was aber ist ihre typische Energie, die christlicher Identität entspricht?

Die Energie der Kirche ist das Wort des lebendigen Christus, der

alles Kaputte heilt
alles Verlorene rettet
alle Schuld vergibt
den Tod zum Tor des Lebens gemacht hat.
am Ende der Zeit eine neue Welt anbrechen lässt
Das ist die Energie der Kirche – die Kraft Gottes, die er verschenkt. Die den Geist zu neuer Kreativität begeistert. Die Durststrecken überstehen und am Ende das Mahl der Gerechtigkeit und des Friedens mit allen, die gekommen sind aus dem Norden und dem Süden, dem Osten und dem Westen feiert, an einem Tisch beim Festmahl einer geheilten Welt feiern lässt.


Darauf zu vertrauen, liebe Gemeinde, das ist Klugheit. Den mächtig ohnmächtigen Heilsbringern in Politik und globaler Wirtschaft zu vertrauen, dass sie die Welt heilen können – das ist Torheit. Wenn sie das Schlimmste zu

verhindern wissen – dann sind sie schon gut gewesen. Und nicht mehr zu versprechen – das ist auch Klugheit. Mehr darf von ihnen auch nicht erwartet werden, denn die Herren – und auch die Damen – dieser Welt gehen, unser Herr Jesus Christus aber kommt.


Ein Wort zu den törichten Jungfrauen muß noch gesagt werden. Sie sind ja vom selben Ursprung wie die klugen. Sie sind ja auch mit unterwegs, dem Bräutigam entgegen, hin zu seinem großen Festmahl. Ihre Anfangsenergie ist ja auch die der klugen gleich. Sie brennen, geben Licht – so wie es dem Wesen und Auftrag der Christenheit entspricht. Eines jedoch fehlt ihnen zur Klugheit.

Sie überschlagen die Kosten nicht genau. Sie kalkulieren ihre Anfälligkeit zur Schwäche und Müdigkeit nicht ein. Sie tun so, als würde das, was sie im Moment haben, schon reichen. Es wird schon gut gehen. Fast fällt mir einer der dümmsten Sprüche ein, den ich jemals von einer Moderatorin gehört habe: Alles wird gut. Das wird es eben nicht, ganz und gar nicht. Weil sie es vielleicht geglaubt haben, bleiben 50 % auf der Strecke. 10 von 20 erreichen das Ziel nicht. Stehen am Ende vor verschlossenen Türen.


Das ist ein ernst zu nehmender Aspekt unseres Gleichnisses. Neben der Ermutigung zu klugem Umgang mit der von Gott geschenkten Energie steht die ernste Ermahnung, nicht leichtfertig unterwegs zu sein. Es könnte schief gehen.

Der heutige Ewigkeitssonntag am Ende des Kirchenjahres hat neben dem Aspekt der Überwindung des Todes durch den lebendigen Christus eben auch den mahnenden, der uns in die Verantwortung vor Gott stellt:


Wie seid ihr mit den geschenkten Gaben umgegangen?
Habt ihr Euch das Anvertraue verantwortlich eingeteilt?
Seid ihr euch auch bewusst, dass am Ende des Lebens und der Zeit der Ernstfall eintritt und das Leben auf dem Prüfstand steht?


Es geht nicht einfach mit Glanz und Gloria in Gottes Ewigkeit.

Der Weg dahin ist oft mühsam.
Der Zweifel kann dem Glauben schwer zusetzen.
Der Geist der Zeit kann die Begeisterung durch Gottes Geist erlahmen lassen
Beide Möglichkeiten hat uns das Gleichnis Jesu nun aufgezeigt: Klugheit oder Torheit – das ist die Frage. Jede uns jeder von uns mag sich fragen, auf welcher Seite wir stehen.

Die geistliche Ölkrise – die die brennende Begeisterung für die Sache Jesu Christi in dieser Welt zum Erlöschen bringen kann, möge uns erspart bleiben. Laßt uns um Klugheit ringen und beten, am Ende dieses Kirchenjahres besonders, aber auch an jedem Tag der kommt.

Amen

Mittwoch, 28. Oktober 2009

JUBILÄUMSKONZERT

JUBILÄUMSKONZERT ZUM 5 – JÄHRIGEN BESTEHEN
DES NIKOLAUSVEREINS.

Nach dem Hl. Nikolaus, dem Bischof von Myra, nennt sich der christliche Verein, der unsere kirchliche Arbeit in Antalya und Alanya trägt und seine Rechtsform gibt. Vor 5 Jahren wurde er gegründet. Ein Grund zum Feiern am 17. Oktober. Die Gemeinde in Alanya hatte die Ausrichtung des Festes übernommen. Mehrere Arbeitsgruppen sorgten für die Gestaltung des Raumes, dem großen Saal im Kulturhaus, das Vorbereiten eines kalten Büffets mit herzhaften Leckereien und einer gut gefüllten Tafel mit Kaffee und Kuchen.

Pfr. Rainer Korten aus Antalya konnte 300 Teilnehmer/innen begrüßen, Darunter den Deutschen Konsul aus Antalya, den Bürgermeister der Stadt Alanya, Vertreter des Gemeinderates, und weitere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.

In einem heiteren musikalischen Reigen stellte dann Barbara Reinprecht – Schellenberg am Klavier und Mikrofon zusammen mit ihrem Vater Wolfgang Schellenberg(Gesang) und Irina Popova (Querflöte) in unterhaltsamer Weise die 5 Jahre Nikolausverein dar. Pfr. Johann Weingärtner dankte in seinem Schlusswort allen Beteiligten und konnte viele Gäste zum anschließenden Empfang einladen und begrüßen.

Dieses Fest machte den guten Zusammenhalt der beiden christlichen „Stützpunkte“ Antalya und Alanya deutlich. Ein geschwisterlicher ökumenischer Geist ist zu spüren. Ihn gilt es zu bewahren.

Pfr. Rainer Korten begrüßt die Gäste


Bürgermeister Sipahioglu spricht ein Grußwort und Frau "Barbara" übersetzt brilliant


Konsul Urbschat überrascht mit sehr guten Türkischkenntnissen


Musik und Gesang gekonnt und begeisternd


Dankesworte und Einladung zum Empfang von Pfr. Johann Weingärtner

ERNTEDANKFEST 2009

Mit einer Woche Verspätung feierte die Gemeinde in Alanya am 11. Oktober das Erntedankfest. 102 Besucher und Besucherinnen hatten sich im Gottesdienstraum eingefunden. Fleißige Hände hatten den Altarraum festlich geschmückt.




PREDIGT ZUM ERNTEDANKFEST 2009 – Pfr. Johann Weingärtner

Lukasevangelium 12, 15-21

15 Und er sprach zu ihnen: Seht zu und hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat.

16 Und er sagte ihnen ein Gleichnis und sprach: Es war ein reicher Mensch, dessen Feld hatte gut getragen.
17 Und er dachte bei sich selbst und sprach: Was soll ich tun? Ich habe nichts, wohin ich meine Früchte sammle.

18 Und sprach: Das will ich tun: Ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen und will darin sammeln all mein Korn und meine Vorräte

19 und will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut!

20 Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast?

21 So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.


Liebe Gemeinde,

Als ich Pfarrer im ländlichen Bereich war, haben mir die Bauern gelegentlich gesagt: „Ach, Herr Pastor, muss dieses Gleichnis eigentlich immer zum Erntedank sein? Wir werden jedes Jahr verunglimpft, als ob wir nichts anderes im Sinne hätten als Raffgier.“ Ich habe sie verstanden, konnte ihnen aber diese Evangeliumslesung nie ersparen. Froh war ich jedes Mal, wenn ich darüber – wie in diesem Jahr – zu predigen hatte. Dann konnte ich einiges klarstellen. Ich weiß nicht mehr, was ich in all den Jahren zu diesem Gleichnis gesagt habe. Eine Frage aber hat mich immer wieder umgetrieben: Was hat der Bauer eigentlich falsch gemacht:

- Es kann doch nicht falsch sein, so zu arbeiten und zu wirtschaften, dass – wenn immer auch witterungsabhängig – ein guter Ertrag erzielt wird.
- Es kann doch nicht falsch sein. In bessere Gebäude – oder Infrastruktur, wie wir heute sagen – zu investieren und auch auf Wachstum zu setzen.
- Es kann doch nicht falsch sein, anstatt Lebensmittel zu verschleudern oder gar zu vernichten, sachgerecht gute Vorräte anzulegen, also Vorsorge zu betreiben.

Das alles kann doch wohl nicht falsch sein. Ich finde, der Kornbauer hat sogar klug und weise gehandelt. Manche kurzatmig denkende Menschen der Gegenwart in Wirtschaft und Politik könnten regelrecht von ihm lernen.

Wir erleben ja eher gerade das Gegenteil: Da wird nicht vorgesorgt, da wird nicht einkalkuliert, dass einmal schlechtere Zeiten kommen könnten. Da wird kurzfristiger Gewinn angestrebt.

Manche hätten nicht so viel Geld in neue Lagermöglichkeiten investiert, sondern geschaut, wo so schnell wie möglich der beste Preis zu erzielen gewesen wäre. Da Geld hätte man arbeiten lassen können, um Kapital zu haben, um damit hohe Spekulationsgewinne zu erzielen.
In kostenintensive Lagergebäude zu investieren, das wirft keine gute Rendite ab, kurzfristig auf keinen Fall und wen oder was interessiert schon das Morgen. Hier und jetzt die Boni einstreichen – das ist das Gesetz des Augenblicks. Das Risiko für Morgen lasten wir der Allgemeinheit auf. Hat doch gut funktioniert, und was heute ging, geht morgen auch noch.

Noch einmal – ich finde, dass der Bauer langfristig und nachhaltig gedacht hat. Spare in der Zeit, dann hast du in der Not, auch wenn das heute etwas kostet. Eine weise Entscheidung.

Wo aber liegt nun der Fehler im Denken und Handeln des erfolgreich und nachhaltig wirtschaftenden Menschen?
Es ist wohl das Zwiegespräch, das er mit sich selber führt. Hier scheint er mir schon in der Form in eine Schieflage zu geraten. Er redet mit sich selber. Tut also so, als ob er allein der Vater des Erfolges und damit auch der Nutznießer sei.
- Hat er keine Mitarbeiter gehabt?
- Gab es da niemanden, der Steine vom Feld gesammelt hat?
- Haben da nicht Leute Unkraut gejätet?
- Gab es da keine Erntehelfer?

Die Schieflage beginnt da, wo ein Mensch sich alles selber zuschreibt, etwa in dem Sinn: Das habe ich mir alles ganz allein zu verdanken. Ich bin niemandem etwas schuldig. Darum: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut!
Da ist einer sich ganz und gar selber gut, und zwar sehr gut. Der braucht die anderen nicht. Wirklich nicht?

An dieser Stelle taucht bei mir ein Lieblingsbegriff der Gegenwart auf: Die Leistungsträger. Darunter werden in der Regel die verstanden, die viel verdienen und deshalb relativ viele Steuern zahlen und deshalb entlastet werden müssen. Ihre Seelen sollen ruhig gestellt werden. Die Vorräte müssen für viele Jahre gut anwachsen können. Ruhe bei den Lobbyisten kann dann einkehren. Und nach der Bundestagswahl kann man dann mit viel gutem Mut in die nächsten Landtagswahlen gehen. Das alles wird dann meistens bei gutem Essen und Trinken ausgehandelt.

Nicht wahr, liebe Gemeinde, Hauptsache, mir geht es gut. Dass dieses Gut- gehen auch von Menschen mit Niedriglöhnen bei Knochenarbeit erreicht wird, daran zu denken fällt schwer. Und das zu ändern, erscheint bei der momentanen Wirtschaftslage unmöglich.

Meine liebe Seele - Selbstgespräche! Lauter Selbstgespräche! Selbstgespräche nenne ich auch solche, die unter denen geführt werden, die genauso sind und denken und handeln wie man selbst. Da bleiben die andern schön außen vor, sie stören dann auch nicht. Kennen wir solche Kreise? Bewegen wir uns vielleicht hin und wieder selbst darin? Wo ist der Raum für den Blick nach außen, auch und gerade zu denen, die nicht einmal in die Lage versetzt werden, für sich und die ihren und deren Zukunft zu sorgen? Wo dieser Blick verloren geht – da beginnt die Schieflage, beim reichen Bauern mit der guten Ernte und anderswo.

Und diese Schieflage setzt sich fort, wird steiler, abschüssiger. Da wo der Nächste nicht mehr im Blick ist, da wird auch der Geber aller guten Gaben aus demselben verloren. Und das ist tragisch und endet katastrophal. Wie hatte der Hl Franziskus gesungen?

Höchster, allmächtiger, guter Herr,
dein sind die Loblieder,
der Ruhm, die Ehre und alles Preisen.
Dir nur, Höchster, stehen sie zu,
und kein Mensch ist würdig,
deinen Namen zu nennen.
Gelobt sei, mein Herr, mit allen deinen Geschöpfen.

Franz von Assisi kannte den Reichtum, wusste von erfolgreichem Handel und dem Streben nach Gewinn, hatte es in seiner Jugend genossen . Und dann sah er plötzlich die andern, die daran keinen Anteil hatten. Er ging zu ihnen, half ihnen, wurde einer von ihnen und entdeckte einen ganz anderen Reichtum.
Er brachte eine Bewegung in Gang, die einer der großen Vorreiter sozialer Arbeit und gesellschaftlichem Ausgleich unter der Prämisse von Gerechtigkeit wurde.

Er sang ein anderes Loblied, als das auf den wirtschaftlichen Erfolg: Mein Haus, mein Pool, mein Boot und, und, und.
Er sang: Gelobt sei mein Herr mit all seinen Geschöpfen.
Will sagen:

- Wir verdanken uns einem Schöpfergott, der jeden Menschen mit gleicher Würde und sehr unterschiedlichen Begabungen ausgestattet hat, die nie und nimmer gegen einander ausgespielt werden dürfen.

- Wir verdanken uns einem Schöpfergott, der uns als Menschen zu geschwisterlichem Denken und Handeln befähigt, das niemanden geringer achtet, als wir uns selbst achten.

- Wir verdanken uns einem Erlösergott, der uns durch Jesus von Nazareth gezeigt hat, wie Grenzen überwunden, Gräben zugeschüttet und Mauern niedergerissen werden können. Die letzten Tage gaben Hinweise genug durch Erinnerung an die Ereignisse vor 20 Jahren in der Nikolaikirche in Leipzig und anderswo, wie das geschehen kann. Das Meiste davon ist längst vergessen und durch den Geist des Egoismus verschüttet worden.

- Wir verdanken uns einem Gott, der den Geist des Friedens, der Gerechtigkeit und der Liebe in die Welt gesandt hat, um den Ungeist der Zeit zu vertreiben. Wenn wir ihn denn zur Geltung kommen und uns gründlicher von ihm begeistern ließen.

Ihn zu vergessen, schafft die Hölle auf Erden für die, die außen vor bleiben müssen, weil wir sie nicht reinlassen. Und es lässt sie auf die warten, die meinten, sie seien drinnen und hätten für alle Fälle vorgesorgt. Und die kann sich schon morgen auftun, denn es kann vor Nacht leicht anders werden, als es am frühen Morgen war. so singt es ein Gesangbuchlied

Wer sich mit seinen Schätzen auf dieser Erde begnügt und nicht bereit ist, zu teilen, der kann schon bald zur Hölle fahren oder vielleicht daran mitwirken, dass sie bereits auf Erden entsteht, wenn die Habenichtse nicht mehr tatenlos zusehen, wie die Habenden auf ihre Kosten immer mehr haben.
An einigen Stellen werden ja schon die Scheunen angezündet und die Alleinbesitzer zum Teufel gejagt. Was daran recht ist – will ich nicht beurteilen, verstehen kann ich es schon.
Schätze, die bleiben, sammelt man sich im Himmel, sagt Jesus. Wie sehen diese Schätze aus? Auf keinen Fall kann man sie kaufen.

- Liebe gibt es nur geschenkt. Wenn sie käuflich wird, ist sie pervers
- Frieden gibt es nur geschenkt. Wenn die Streithähne beide verzichten lernen, kann er möglich werden. Wer ihn herbeizwingen will, vielleicht gar noch mit Gewalt, produziert neuen Streit.
- Gerechtigkeit gibt es nur geschenkt, wenn wir endlich lernen, dass jede und jeder ein uneingeschränktes Recht auf Leben und Wohlergehen hat.

Das sind die wahren Schätze. Die befreien aus der Schieflage des Lebens. Für die großen Schieflagen müssen die die Verantwortung tragen, die dafür gewählt sind. Für die kleinen sind wir selber verantwortlich.
Deshalb wollen wir heute danken und teilen, das Mahl des Herrn gleich an seinem Tisch und hinterher im Camlibel. Und wir tun gut daran, wenn wir dabei zumindest in Gedanken nicht unter uns bleiben, und bei unserem Beten und auch unserem Geben die im Blick haben, die ebenfalls nach Leben hungern, dem des Leibes und dem der Seele.
Amen



Im Anschluss an den Gottesdienst machten sich.85 Frauen und Männer in drei Bussen auf den Weg ins Tal des Obacay. Bei herrlichem Wetter saßen wir direkt am Fluß in einem idyllischen Lokal bei gemeinsamem Essen und Trinken und vielen guten Gesprächen. Dankbarkeit war zu spüren für gutes Wetter, gute Gemeinschaft. Dankbarkeit gegenüber unserem Gott, dem Geber aller guten Gaben.

Herrlich Natur im Obacaytal


Gemeinsames Essen verbindet


Gute Gespräche in lockerer Atmosphäre

Freitag, 4. September 2009

Zypernfahrt vom 24. – 27. September 2009

Liebe Interessenten unserer Gemeindefahrt nach Zypern!

Viele von Ihnen/Euch warten sicherlich schon sehnsüchtig auf genaue Informationen.
Wir hatten aber zwei Problemfelder zu bearbeiten, was uns einige Mühe machte.
1. Schifffahrt oder Flugreise?
Nachdem wir immer wieder von den verschiedenen Anbietern erfuhren, dass eine Schifffahrt Ende September stets unter dem Vorbehalt, dass das Wetter mitspielen muß, gebucht werden kann, haben wir uns für die sichere Variante Flug von Antalya mit Bustransfer von Alanya dorthin entschieden. Wir „pokern“ immer noch einwenig um den günstigsten Preis für Hin – und Rückflug.
2.Besuch des nördlichen (türkischen) wie des südlichen (griechischen) Teils von Zypern in Kombination.
Hier tauchten immer wieder Probleme auf, auch was die preisliche Gestaltung in einem vertretbaren und erträglichen Rahmen betraf. Wir haben uns deshalb entschieden, für dieses Mal nur den südlichen Teil zu besuchen. Von der Christlichen Evangelischen Gemeinde, die dort lebt und arbeitet, ist ja auch die Einladung an uns ergangen. Diese war letztendlich der Grund für alle weiteren Planungen. Die Einreise geschieht allerdings über den Flughafen Ercan, da eine andere Möglichkeit von Antalya aus nicht besteht.

Folgende – noch etwas grobe – Programmplanung bieten wir nun an:

- Am 24.9. : Transfer Alanya – Antalya und gemeinsamer Flug mit den Mitreisenden aus Antalya nach Ercan. Bustransfer von dort nach Paphos zum Hotel Roman, Beziehen der Zimmer, kleine Erkundung des Umfeldes – Abendbuffet
- Am 25.9. : Besichtigungen historisch bedeutender Stätten und Spurensuche aus christlicher Frühzeit (1. Missionsreise des Paulus mit seinem Gefährten Barnabas). Abendbuffet, Begegnung mit den Christen in Paphos.
- Am 26.9. : Fortsetzung der Besichtigungen, evtl. Mittagessen im Hotel Roman,
am Abend Gottesdienst zusammen mit der Evang. Kirchengemeinde in Limassol.
- Am 27.9. : Bustransfer nach Ercan, evtl. mit einer kleinen Rundfahrt im nördlichen Teil Zyperns. Flug nach Antalya und Bustransfer nach Alanya.

Das ist - wie gesagt – nur eine Grobplanung. Die Feinabstimmung erfolgt Anfang September, wenn auch die Leute auf Zypern – ähnlich wie viele von uns – aus dem kühleren Norden zurückkommen und wieder vor Ort sind.

Die Preisgestaltung sieht folgendermaßen aus:

Für die Transfers zum Hin und Rückflug, Flug Antalya – Ercan und zurück , Buskosten auf Zypern, Hotel mit Halbpension, Nebenkosten wie Eintritte etc.: 300 – 320 €. Wir brauchen ein wenig Luft, weil die Flugkosten noch nicht endgültig feststehen und nur grob eingeplant werden können.

Anmeldemodalitäten:

Anmeldungen bitte bis spätestens 5.9.2009, am besten unter der E-Mail Adresse
alanya.pfarrer@web.de. Als angemeldet gelten alle, die eine Anzahlung in Höhe von 80 € pro Person auf folgendes Konto geleistet haben:

Johann Weingärtner, MÜŞT. NO 0017638026
HESAP NO 0019402 -7 (Kontonummer)

AKBANK Alanya
IBAN TR86 0004 6008 1503 6000 0194 02
SWIFT AKBKTRIS


Wir hoffen, dass viele, die ihr Interesse angemeldet haben, nun große Lust bekommen mitzufahren.

Es grüßen Euch/Sie

Anna Schaffrath – Johann Weingärtner – Rolf Rutter

Sonntag, 19. Juli 2009

Gemeindefahrt mit biblischen Hintergrund und Wellness – Anteilen.

Vom 8. – 12. Juni 2009 waren 30 Mitglieder unserer Gemeinde in Antalya und Alanya auf den Spuren der Offenbarung des Johannes unterwegs. Insbesondere die Sendschreiben an die Gemeinden in Laodicea, Philadelphia und Sardes standen im Mittelpunkt dieses Unternehmens. Außerdem wurde der Ruinenhügel von Kolossäa besucht mit der Erinnerung an den Brief aus dem Neuen Testament an die dortige Gemeinde der frühen Christenheit.
Aber auch das körperliche Wohnbefinden kam nicht zu kurz. Wir wohnten in einem Badehotel mit eigenen Thermen in Pamukkale, deren heilende Kräfte weltbekannt sind.
Eine Fahrt für Leib, Seele und Geist. Pfarrer Weingärtner fasste in seiner Schlußandacht seine Erfahrungen zusammen.

Einsammeln ereignisreicher Tage

So nenne ich es gelegentlich, wenn ich nach erfüllten und teilweise überwältigenden Erlebnissen Bilanz ziehe. Und das möchte ich tun am Ende unserer Gemeindefahrt. Was lohnt sich, dass ich es einsammle und mitnehme und vielleicht ja für Sie und Euch auch?

1. Gleich auf der Hinfahrt gehen wir durch die gewaltigen Ruinen von Laodicea. Auch heute noch lässt sich erahnen, welche Ausmaße diese Stadt einst hatte, wie reich sie war und wie bedeutend. Und dennoch; wir gehen nur über Ruinenfelder. Spuren der Gemeinde, von der im Sendschreiben der Offenbarung zu lesen ist, dass sie weder heiß noch kalt ist, sondern nur lau – eben wie seine Thermalquellen – finden wir nicht. Und deshalb „will ich dich ausspeien aus meinem Mund. Du sagst; ich bin reich, aber du bist elend nackt und bloß“. So haben wir viele Spuren gefunden von prachtvollen Häusern und Theatern. Mehr nicht. So kann es gehen. Nur Ruinen, faszinierend aber eben auch Zeugen von Ende und Untergang. Reichtum allein tut’s nicht, wenn überhaupt – sagen die Ruinen. Das nehme ich mit.

2. Wir wandern in der Hitze über die Hügel von Hierapolis. Beeindruckende Gräber und Grabmahle einzelner wohl bedeutender Persönlichkeiten oder ganzer Familien. Viele Gräber wurden gewaltsam geöffnet – das Werk geldgieriger Grabräuber. Grabbeigaben – deren Verkauf ist ein lohnendes Geschäft. Was sammeln wir ein in unserem Leben, was dauert über das Grab hinaus? Sammelt euch Schätze im Himmel, die weder Rost noch Motten fressen, und wo die Räuber nicht nachgraben – sagte einst der Mann aus Nazareth.

Und dann oben über der alten Stadt die Ruine der Basilika des Hl. Philippus, der Diakon war und Evangelist – beides. Viele Heiligenlegenden ranken sich um ihn und seine Töchter. Auch seine Kirche ist nur noch eine Ruine. Aber oben auf den noch gut erhaltenen Bögen im Umgang der achteckigen Basilika unübersehbar die Kreuze in ganz unterschiedlicher Form. Das bleibt, das Kreuz, das Zeichen des gekreuzigten und auferstandenen Christus. Auch das nehme ich mit.

3. Nach kurzer Busfahrt stehen wir auf den mit Gras überwachsenen Hügeln von Kolossä. Darunter liegt die Stadt, ruht wie in einem großen Familiengrab, wie wir es in Hierapolis gesehen hatten. Sicher verbergen Sand, Geröll und Gras so manchen Schatz. Im Brief an die Kolosser finden wir bei unserer Andacht auf dem Hügel einen solchen: „Über alles aber ziehet an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit, und der Friede Christi regiere in euren Herzen.“ Ohne diesen Schatz gehe ich auch nicht zurück nach Alanya, den möchte ich mitnehmen.

4. Wir fahren nach Philadelphia, der Stadt der Bruderliebe. Der griechische Begriff gibt noch etwas mehr her. Sowohl adelphos (Bruder) wie adelphä (Schwester) können wich darin wieder finden. Sagen wir also ruhig: Die Stadt der geschwisterliche Liebe, denn die war zu finden in der Gemeinde. Und von Säulen ist in dem Sendschreiben an sie auch zu lesen. Menschen, die wie Säulen sein können in der christlichen Gemeinde. Und dann stehen wir in der modernen und quirligen Stadt und mittendrin drei gut erhaltene Säulen der uralten byzantinischen Basilika. Blühende Rosen und Oleander umgeben die Säulen. Und dann stehen wir im Schatten einer solchen und lesen den biblischen Text aus der Offenbarung. Beten einen Psalm und lassen uns segnen. Manchmal können eben auch Ruinen eine deutliche Sprache sprechen, die sich nicht nur mit der Vergangenheit befasst, sondern plötzlich wegweisend wird für Gegenwart und Zukunft. Auch diese Erfahrung packe ich ein.

5. Und dann Sardes. Erst einmal die Hinfahrt durch das Meandertal. Es mutet wie der Garten Eden an mit seinen unendlichen Weinfeldern, auf denen die Weinstöcke und Reben wachsen, aus deren Trauben meist Rosinen und Sultaninen – aber auch Wein – gewonnen werden. Hinter den Weinfeldern – es sind ja keine Berge – hebt sich das Land. Weizenfelder werden sichtbar, goldgelb, vielfach bereits abgeerntet. Brot und Wein – wer dächte nicht an die Zeichen der Liebe Gottes.
Aber dann Sardes selbst. Gewaltig der Tempel der Artemis mit seinen 112 Säulen, von denen so viele noch – oder wieder – stehen. Und ganz hinten am Tempel, klein und bescheiden aber doch bemerkbar – die kleine christliche Kirche. Ein bescheidener Raum von geringer Größe. Kein Vergleich zum Artemistempel. Wir hören dort die Worte des Sendschreibens an die Christen in Sardes mit viel Tadel. Klein ist die Zahl derer, die den Glauben nicht verloren oder verleugnet haben. Klein wie die Kirche, fast versteckt hinter dem riesigen Tempel der Artemis. Manchmal ist das kleine wichtig und überlebensfähig. Auch das will ich nicht zurücklassen sondern mitnehmen.
6. Und dann sehe ich Sie und Euch. Schaue in Gesichter, staunend, versunken in Gedanken. Hinter Gesichtern sind Menschen, mit denen ich diese Tage geteilt habe. Die Gesichter nehme ich mit; voller Dankbarkeit für viel gemeinsam Erlebtes, mit Erinnerung an manch gutes Gespräch oder einfach nur das gemeinsame Schauen und Staunen. Gut das wir diese Tage miteinander hatten. Und Dank steigt auf, Dank an alle die mitgeholfen haben zum Gelingen. Dank an den gütigen Gott, der mit uns war und uns bewahrt hat.

Ich nehme viel mit, denn es gab eine Menge einzusammeln.

J. Weingärtner Pfarrer i.R. Alanya

Samstag, 20. Juni 2009

Pfr. Korten und Pfr. Weingärtner beim Pfingstgottesdienst in Belek

Ökumenischer Gottesdienst am Pfingstmontag 2009 in Belek.

Etwa 60 Gemeindeglieder aus Alanya und Antalya sowie Urlauber aus Belek und Umgebung trafen sich am Pfingstmontag 2009 zu einem ökumenischen Gottesdienst in der Kapelle im Garten der Toleranz in Belek. Pfr. Rainer Korten hatte zusammen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Antalya die Gestaltung übernommen. Die Predigt hielt Pfr. Johann Weingärtner aus Alanya.

Predigt 2.Pfingsttag 2009 - Ökumenischer Gottesdienst in Belek

Matthäus 16, 13-19

13 Da kam Jesus in die Gegend von Cäsarea Philippi und fragte seine Jünger und sprach: Wer sagen die Leute, dass der Menschensohn sei?

14 Sie sprachen: Einige sagen, du seist Johannes der Täufer, andere, du seist Elia, wieder andere, du seist Jeremia oder einer der Propheten.

15 Er fragte sie: Wer sagt denn ihr, dass ich sei?

16 Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn!

17 Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Selig bist du, Simon, Jonas Sohn; denn Fleisch und Blut haben dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel.

18 Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.

19 Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben: Alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.

Liebe Gemeinde,

da hat mir die Ordnung der Bibeltexte unserer Kirche ja einen besonders schönen für einen ökumenischen Gottesdienst unter die Nase gelegt. Ausgerechnet die Verse, auf die sich das römische Papsttum gründet. Muß das nun sein? So habe ich mich gefragt. Und ein klein wenig war ich verleitet, mir etwas anderes als Grundlage für die Predigt auszusuchen. Dann aber habe ich gedacht: Kneifen gilt nicht. Und deshalb: Dies Bibelwort ist nun mal dran und dann bin ich es auch. Punktum!

Das Wort von Petrus als dem Felsen, auf dem die Kirche steht, die nicht einmal die Pforten der Hölle verschlingen sollen, die ihm verliehene Schlüsselgewalt, die den Himmel auf – bzw. zuschließt, hat zunächst einmal eine nicht unbedeutende Vorgeschichte im Matthäusevangelium, die die gesamte Jüngerschar betrifft, die ja auch immer für die Gesamtgemeinde steht.
Da ist zunächst die Frage an alle Jünger und damit auch an uns: Was halten die Leute von Jesus? Und dann noch viel konkreter und existentieller: Was meint denn ihr, was meint du, was meine ich? Wer ist Jesus für uns?

Sicherlich eine bedeutende Figur der Weltgeschichte. Für den damals vorhandenen Gesichtskreis :

- Johannes der Täufer
- oder Elia
- oder ein großer Profet.

Heute könnten wir sagen:

- Ein wichtiger Religionsstifter,
- ein Lehrer mit hohem ethischen Anspruch – siehe die Bergpredigt.
- Oder vielleicht auch ein Guru, der uns dem Göttlichen in und über uns näher bringen möchte.

Der Phantasie sind da kaum irgendwelche Grenzen gesetzt. Allgemeine Meinungsforschung über Jesus betreiben, das ist in vielen Büchern geschehen, die man wegen ihrer vorhandenen oder mangelnden Seriosität durchaus unterschiedlich beurteilen kann und sollte. Aber damit ist ja noch nicht viel gewonnen.

Morgen und Übermorgen, wenn da irgendwo in einer Höhle oder im orientalischen Wüstensand ein kleines bisher weniger bekanntes Schriftstück gefunden wird, werden neue Leute aufstehen, die wieder ganz neue Deutungen, mehr oder weniger begründet, versuchen und zu Papier bringen.
Das alles ist durchaus nicht uninteressant und für den historisch-kritisch gebildeten Theologen auch nicht belanglos. Es wird dem Anliegen der Botschaft von Jesus aus Nazareth letztendlich aber nicht gerecht.
Dem nämlich geht es nicht um ein bloßes Für – Wahr – Halten von mehr oder weniger historisch gesicherten Fakten, sondern um eine grundlegende existentielle Entscheidung.

- Wie stehst du zu mir?
- Vertraust du mir?
- Was bedeute ich dir?
- Willst du mir nachfolgen?

Und nun wird Petrus oder zur Zeit der Antwort besser gesagt – Simon, des Jonas Sohn – zum Sprecher der Zwölf: Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. Ein Urbekenntnis, das alles aussagt: Du bist

- der Gesalbte, der Messias, der der Welt umfassendes Heil oder mit einem Wort gesagt: Schalom bringt;
- der, der die lang gehegten Erwartungen erfüllt. Wir müssen auf keinen anderen

Heilsbringer mehr warten. In diesem Jesus aus Nazareth hat Gott alles zusammengefasst: Wie er sich den Menschen gedacht hat und wie er Frieden in die Welt bringt: Gewaltlos, von Liebe als einer vorbehaltlosen Annahme der anderen geleitet, Frieden stiftend, in dem er Schuld vergibt, Versagen in Ordnung bringt und Mangel ausfüllt.

- der Sohn Gottes. Das ist ein Bekenntnis in einer religiösen Umwelt, die von Göttersöhnen nur so wimmelte. Angefangen bei den Halbgöttern der griechischen Mythologie bis hin zum Kaiser in Rom. Nein – nicht sie sind Göttersöhne, sondern der schlichte Zimmermannssohn aus Nazareth, der keine Niederung des Lebens scheut und so alle, die ihm nur glauben wollen, zu Brüdern und Schwestern und damit zu Kindern Gottes macht.

Welch ein Bekenntnis. Und mit Recht wird Petrus zu einer wichtigen und zentralen Figur der jungen Christenheit. Aber wird damit nun auch all das andere begründet: Der sog. Stuhl Petri in Rom, das Papsttum?
Der protestantische Theologe hat da seine Anfragen. Und die kommen nicht von ungefähr und die zu verschweigen, das wäre nicht redlich.
Nach gutem evangelischem Prinzip ist ja eine der besten Methode der Auslegung der Bibel, wenn wir sie durch die Schrift selbst deuten.
Auf diesem Hintergrund ein paar Hinweise.

1. Was die Schlüsselgewalt betrifft.
Die Schlüssel sind ja Petri Kennzeichen. Weinige Kapitel weiter im Matthäusevangelium sagt Jesus allerdings zu allen seinen Jüngern: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr auf Erden binden werdet, soll auch im Himmel gebunden sein, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel gelöst sein. Und im Johannesevangelium sagt der auferstandene Christus seinen Jüngern: Nehmt hin den Heiligen Geist!
Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.

Die Schlüsselgewalt ist also nicht auf Petrus beschränkt. Sie gilt der gesamten Jüngerschar, also der gesamten Gemeinde.

2. Was die Bedeutung des sog. Apostelfürsten Petrus und seine herausgehobene Stellung betrifft.
Beim ersten Apostelkonzil, als es um das Verhältnis der Judenchristen zu den Heidenchristen geht und in wie weit die Heidenchristen sich Frömmigkeits-regeln zu unterwerfen haben, die vor allem aus der Jerusalemer Gemeinde kommen und dort gepflegt und festgehalten werden, da muß Petrus sich dem Herrenbruder Jakobus beugen, der nun bis zu seinem Tod die leitende Figur der Urchristenheit wird. Und im Blick auf das Verhältnis von Petrus und Paulus ist festzuhalten, das Paulus Petrus ins Angesicht widerspricht, so ist es im Brief an die Galater zu lesen.

Und wenn wir dann noch das Johannesevangelium hinzuziehen, da gibt es einen ganz anderen Jünger, der Jesus in besonderer Weise nahe steht. Es scheint Johannes selbst zu sein, der als der Jünger, den Jesus lieb hatte, bezeichnet wird. Und er ist es, der mit Maria unter dem Kreuz steht. Ganz anders als Petrus, der obwohl er Jesus großspurig verkündet hatte, dass er lieber mit ihm sterben wolle als ihn zu verraten, dann vor einer einfachen Magd einknickt und seinen Herrn und Meister schmählich verleugnet.

Fazit: Die Würdigung des Petrus als über alle anderen Apostel herausragende Figur – das ist in der Bibel wahrlich keine durchgehend einhellige Meinung. Da tauchen ganz andere Größen auf, vor allem Paulus, aber eben auch Johannes. Und auch die relativieren ihre Bedeutung durch den, dem sie dienen.

Der Christus ist das leuchtende Bild. Alle anderen bestenfalls ein Widerschein. Und mehr sind wir ja wahrlich auch nicht. Und mehr ist auch kein lebender Christ auf Erden, welches hohe Amt er oder sie immer auch bekleiden mag. Es gilt eben der Satz Jesu: Einer ist Euer Meister, ihr aber seid alle Brüder und ich füge – Schwestern – hinzu.

Ja, liebe Gemeinde, das musste ein evangelischer Theologe heute mal so sagen.
Da gehen sicherlich die Meinungen dann auch noch mal ein wenig auseinander. Das ist ja vielleicht auch gar nicht so schlimm, vor allem dann nicht, wenn wir gemeinsam in das große Bekenntnis des Petrus einstimmen können:
Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. Amen