Logo

Logo

Montag, 30. Juni 2008

Predigt zum Fest Peter und Paul - am 29.Juni 2008

Liebe Gemeinde,
die Katholische Kirche feiert heute das Fest Peter und Paul – und sie erinnert damit an e i n e m Tag gleich an zwei der größten Männer christlicher Geschichte. Als wäre der Kalender nicht groß genug, so dass jeder der Apostel einen eigenen Tag haben könnte, wie die anderen auch. Aber es wird kein Zufall sein, dass man an die beiden so unterschiedlichen Männer an e i n e m Tag denkt als wollte man sie zusammenhalten. Auch für die evangelische Kirche sind die Aposteltage wichtig. So wollen wir heute über beide – Petrus und Paulus – nachdenken.

Was beide Apostel verbindet ist schnell gesagt:
Beide sind Juden von Ursprung her: beide sind Christen geworden – auf unterschiedliche Weise, aber doch als Bruch des Lebens erfahren; beide sind Missionare und Säulen = Apostel der christlichen Gemeinden; beide haben handfeste Berufe – Fischer der eine, Zeltmacher der andere -; Petrus wird etwas älter gewesen sein als Paulus; beide sind in Rom – ziemlich zur gleichen Zeit – den Märtyrertod gestorben.
Das ist es aber schon – mehr oder weniger.
Unterschiede und Differenzen sind weitaus größer:
Petrus hat Jesus persönlich gekannt, Paulus nicht. Er hält es auch nicht für so wichtig, wie er einmal schreibt. Wichtig ist ihm, was man ü b e r Christus sagen kann und nicht, was Jesus sagte oder tat.
Petrus war Apostel von Anfang an. Er ist einer der ersten Zeugen des Auferstandenen. Alles ist für ihn ganz konkret. Paulus war bekanntlich zuerst Verfolger und „sieht“ Jesus dann „nur“ in einer Vision – also geistig, in einem neuen Bewußtseins-Zustand. Er muß darum kämpfen,“Apostel“ genannt zu werden. Zum Kreis der ersten Zwölf hat er nie gehört. Er war ein später „Hinzugekommener“,- wie er selbst schreibt.
Petrus war palästinensischer Jude, Hebräer und blieb lange so erd-u.volkverhaftet. Paulus kam aus der Diaspora, aus Tarsus, war auch griechisch gebildet und kosmopolitisch orientiert. Sein Feld war die ganze Welt – von Anfang an.
Petrus war der Kirchenpolitiker, der Gemeindemann aus Jerusalem. Er repräsentierte die Tradition. Er dachte und handelte praktisch und pragmatisch. Paulus war der Denker, der Theologe, er hat theologische Theorien erdacht, konnte Begriffe bilden und gebrauchen und hat theologische Konsequenzen gezogen. Er war ein Neuerer. Er hat das Christentum geistig zu einer potentiellen Weltreligion geformt und davor bewahrt, jüdische Sekte zu bleiben.
Petrus war fürs Praktische – aber da war er auch raumgreifend. Er blieb ja nicht in Jerusalem, sondern ging nach Antiochien und dann nach Rom.
Hier – auf dem internationalen Feld – kommen wir nun ans Eingemachte, an den eigentlichen Streitpunkt zwischen beiden Aposteln. Petrus und Paulus haben miteinander gestritten. Wenns sein mußte, ganz hart. Paulus schreibt im Galaterbrief(Kap.2): da widerstand ich dem Kephas ins Angesicht.
Um was ging es?:
Die frühen Christen standen vor der Frage, ob für sie das jüdische Kultgesetz – Beschneidung, Speisegebote, Reinheitsgesetz – noch Gültigkeit hatte oder nicht. Ob Christus sie von diesem Gesetz frei gemacht hat, oder ob es weiterhin notwendig war als von Mose und Gott gegeben.
Paulus war der Meinung: Wir brauchen es nicht. Unser christliches Gewissen spricht uns frei. Das war ganz folgerichtig: Wenn Christus das“ neue Gebot der Liebe“ ist, dann ist er die einzige Notwendigkeit. Von allen anderen Gebundenheiten und festlegenden Ordnungen, vom Gesetz macht er frei. Das ist die größere, weitere, universalere Haltung.
Petrus war da ein Wackelkandidat. Mal praktizierte er diese Freiheit auch, dann bekam er wieder Angst und ließ sich von Vorwürfen leiten oder von Rücksichtnahme auf sog. Schwache. Dann machte er den Befreiten wieder ein schlechtes Gewissen mit dem alten Gesetz.
Paulus widerstand ihm, d,h, er setzte sich durch. Er erkämpfte zumindest für seine Haltung einen Platz. Er konnte es so in seinen Gemeinden halten, wie er es als richtig erkannt hatte.
Da – auf dem Feld der Gemeinden – gab es eine weitere wichtige Differenz.
Es waren eigenartige Gemeinden, die Paulus begründet hatte. Von der in Korinth z.B. wissen wir einiges. Da ging es manchmal drunter und drüber: Reiche standen gegen Arme; Frauen gegen Männer; geistbewegte Enthousiasten (Zungenredner) gegen besonnene Kopfmenschen.
Paulus regelt die Dinge dort ganz vorsichtig. Nicht autoritär, indem er Machtämter einsetzt, sondern indem er an den Geist Christi appeliert. Er will, dass die Menschen von innen zur Überzeugung kommen. Mit ganzem Gemüt argumentiert er: mal ist er traurig, mal wütend. Mal hat er Erfolg, mal erleidet er Niederlagen. Da bewegt sich richtig was in den Herzen.
Petrus wurde später zum Kronzeugen für eine kirchliche Struktur, für die kirchlichen Ämter der Bischöfe bis hin zum Papst. Er war der erste im Amt – der Urapostel.
Paulus brauchte das alles nicht. Nur Christus allein, der Gekreuzigte und Auferstandene,- das war seine Devise. Es gibt in der Kirche verschiedene Aufgaben, aber keine Ämter, die einen Amtsbonus haben.
Wenn wir dahineinlauschen, merken wir, dass es zwei verschiedene Kirchen-o.Gemeindemodelle sind, die beide repräsentieren: Paulus ist da anders als Petrus und Petrus anders als Paulus.

Die Christen waren nie e i n e r Meinung, solange es sie gibt. Das ist auch gut so. Es bereichert und belebt, es führt weiter und voran. Es hält in einem lebendigen Denkprozess. Das eine begrenzt und befruchtet das andere – und umgekehrt.
Aber beide Apostel lebten in e i n e r Gemeinschaft. Sie haben sich nicht gegeneinander ausspielen lassen. Paulus hat sogar Kollekten für die anderen gesammelt.
Einmütigkeit heißt also nicht Eingestaltigkeit, sondern bedeutet eins sein in Verschiedenheit. Vielgestaltigkeit ist Reichtum, solange sie im Geist der Einheit vereint ist und sich zuarbeitet statt sich auseinanderzudividieren.
Petrus und Paulus gehören zusammen – deshalb ist es gut, dass sie einen Festtag haben. Würde man nur einem von beiden folgen, wäre das zu wenig für die Fülle und den Reichtum unserer großen und weiten Christus-Religion.
Eine kleine Geschichte am Schluß, die doch viel verdeutlicht und zusammenfaßt:
In Rom steht – wie alle wissen – der große Petersdom. Die größte Kirche der Christenheit und die Mutterkirche und Hauptkirche der kath. Konfessionskirche.
Als sich die Engländer im Zuge der Reformation von Rom trennten und als Anglikaner quasi halbe Protestanten wurden, baute man in London – ganz bewußt als Konkurrenz zum Petersdom – fast ebenso groß und ähnlich im Aussehen eine gewaltige Kathedrale. Man nannte sie St-Pauls Cathedral,
Paulusdom.
Das klingt so, als wollte man Petrus den Katholiken lassen und Paulus für die Protestanten reklamieren. Manches in Lehre und Verfassung der Kirche spricht dafür – beide Apostel könnten Typen, Urbilder verschiedener Kirchenformen sein – aber heute wissen wir: das ist nur die halbe Wahrheit.
Man soll Petrus und Paulus nicht auseinanderreißen. Sie haben Platz in einer christlichen Gemeinschaft. Ihr Tag ist e i n e r . Die christliche Gemeinde und die Kirche braucht beide Haltungen, beide Denkweisen, sonst macht sie sich selber arm und schneidet ein wertvolles Stück von sich ab.
Das versuchen wir auch überall zu leben, wo unterschiedliche Menschen eine Gemeinde bilden,- auch hier bei uns in der südlichen Türkei, in Antalya und Alanya.
Peter und Paul – Fest ist also eigentlich und wirklich ein Fest der Ökumene, ein oekumenisches Fest.
Christen gehören zusammen, wie Petrus und Paulus zusammengehören.
AMEN

Keine Kommentare: