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Montag, 21. Juli 2008

NOSTALGIE - für den, der viel Zeit hat

Liebe Freunde,
dank der Mithilfe von Anne Schaffrath, die alles abgetippt hat und mir zugemailt hat, kann ich die ersten drei Predigten in Alanya ins Netz stellen.
Sehr viel Text - zugegebenermaßen. Aber man kann ja auch auswählen.
Auch einzelne Blogs oder frühere Texte lassen sich über das Archiv - auf der rechten Seite (nach den Bildern) anwählen.
Herzliche Grüße
Rainer Wutzkowsky

1.Predigt von Pfarrer Rainer Wutzkowsky in Alanya am Sonntag Misericordias Domini, den 6.4.08 (Hirtensonntag)

Liebe Gemeinde.

Eigentlich müsste ich heute zwei Predigten halten, denn immer, wenn ich an diesen ersten Gottesdienst in Alanya gedacht habe, sind mir zwei Gedanken in den Sinn gekommen. Ich werde versuchen sie zu verbinden,- aber nicht an diesem Sonntag allein, sondern heute und am nächsten Sonntag.

Dieser 2. Sonntag nach Ostern trägt nach alter kirchlicher Tradition den schönen Namen „Hirtensonntag“ – und so sind auch alle Bibeltexte, die wir gehört haben: Psalm 23 „Der Herr ist mein Hirte..“ ,die 1. Lesung von Gott, dem guten Hirten und das Evangelium, in dem Jesus der gute Hirte ist, der seine Schafe gut kennt und sie ihn.

Hirte heißt auf lateinisch „Pastor“. Welcher Termin für die Begrüßung eines neuen Pastors könnte also besser sein, als dieser Sonntag vom guten Hirten?!

Wir denken dabei sofort an den Pastor und seine Schäfchen – die Gemeinde – wie man so schön sagt. Aber dieses Bild nimmt man nicht richtig ernst. Man spricht von ihm mit einem Augenzwinkern. Man kann es aber auch kritisch sehen. Die Schafe sind ja nicht gerade die klügsten Tiere – und sie sind auch ein wenig passiv, was eines macht, machen alle, Herdentiere eben. Wer möchte damit verglichen werden? Der Pastor aber ist im Bild der Leithammel, der verantwortliche Chef; der, der die Übersicht hat und der alles weiß und lenkt.

Ob dieses Bild gut ist für eine moderne Gemeinde im 21. Jahrhundert? So ist das doch glücklicherweise nicht mehr heute, dass einer alles sagt und angibt – und die anderen trotten blind hinterher – wie Schafe eben.

Das Bild hat aber noch andere Aspekte – und die sind leichter zu akzeptieren: Hirte und Herde gehören zusammen. Ein Pastor ohne Gemeinde ist kein Pastor und eine Gemeinde, ganz ohne Pastor, kommt auch nicht so gut zurecht. Ein Pastor wird erst zum Pastor durch die Gemeinde und eine Ansammlung von Menschen wird zur Gemeinde durch den Pastor. Beide gehören zusammen. Sie müssen in eine gemeinsame Richtung wollen, sonst geht es nicht gut – dann ist es keine Gemeinde, sondern nur ein Club, von denen es schon genug gibt.

Es gibt noch eine andere wichtige Aufgabe für Hirt und Herde. Auch wenn wir Menschen große Individualisten sind, vielleicht besonders, wenn man im Ausland lebt und nicht macht, was alle normalerweise machen, trotzdem sind wir doch auch Herdentiere. Das ist einfach so. Wir brauchen den anderen oder die anderen, und die anderen uns. Wir brauchen die Gemeinschaft, sonst werden wir einsam und unzufrieden.

Wenn nun einer abdriftet oder verloren geht oder sich selbst ins Abseits bringt, dann ist es die Aufgabe des Hirten, den Verlorenen oder Ausgeschlossenen zu suchen und wieder zu integrieren. Das ist nicht immer leicht. Wir wissen ja, wie bockig so mancher alter Hammel sein kann.

Trotzdem ist es wichtig, ihm nachzugehen. Er braucht die Gemeinschaft und die Gemeinschaft braucht ihn auch. Jeder und jede ist auf seine oder ihre Weise wichtig, weil jeder etwas anderes – nämlich sich selbst – einbringt.

Und noch etwas ganz anderes: Bei Hirte und Schafe denken wir immer an zwei verschiedene Wesen. Es können beide aber auch zwei verschiedene Anteile eines Wesens sein. Beide Charakterzüge finden sich in ein und demselben Menschen! Manchmal passiert es ja, das jemand einen Wesens- oder Charakterzug von sich, den er nicht mag, verdrängt oder unterdrückt, dass er ihn partout nicht sehen will – er lässt ihn praktisch „sich verlaufen“! Eine Wut z.B. oder ein Ärger oder eine alte Schmach oder Schande, einen Fehler oder Fehltritt. Man tut so als gäbe es das nicht! Man verliert dieses Schaf - diese Eigenart – aus dem Auge. Deshalb ist es aber nicht weg. Ganz im Gegenteil. Es schmerzt in der Tiefe oder es bereitet Magen- oder Kopfschmerzen, und wir wissen nicht, woher diese kommen. Eine Wut bricht so plötzlich hervor und keiner versteht, warum das ausgerechnet jetzt so kommt und woher es kommt.

Wir sollen auch gute Hirten für uns selber sein. Wir sollen uns selber immer besser kennen lernen und lernen, offen und ehrlich am rechten Platz und zur rechten Zeit zu sagen, was uns stört und ärgert, aber auch was uns freut, was wir gerne haben und was wir fördern möchten.

Wir sollen auch gut für unsere eigene Seele sorgen. Ich glaube, das hat der Fernsehpastor Fliege gemeint, wenn er immer am Ende seiner Sendung sagte: „Passen Sie gut auf sich auf!“ Gehe Dir nicht selber verloren bis du gar nicht mehr weißt, wer du wirklich bist.

Wenn wir gute Hirten für uns selber sind, achten wir auf unsere Seele. Dann kennen wir uns immer besser – die Charakterschafe innen - und verstehen auch andere besser. Wir haben mehr Verständnis für sie und sind in unserem Urteil barmherziger. Denn eigentlich sind die anderen nämlich gar nicht so anders als wir selbst es sind. Dann haben wir auch mehr Kraft, einem anderen, einem verlorenen Schaf aus unserer Mitte nachzugehen. Wir können besser verzeihen, Frieden schließen und neu anfangen.

Alles beginnt also bei uns: Seien wir uns selbst zuerst ein guter Hirte, achten wir auf unser Inneres, dann erst können wir auch gute Hirten für andere werden.

Ein Gedanke zum Schluss – vielleicht der wichtigste:

Die Bibel sagt ja: Gott ist der gute Hirte. Wenn das stimmt, was ich über Hirte und Herde in uns selber und zwischen uns gesagt habe, dann muss das auch für Gott, den guten Hirten, gelten.

Ja, Gott ist unendlich reich und vielfältig in sich selber. Das ist ein Unterschied zum Gottesverständnis der Moslems: Gott kennt alles Menschliche in sich selber, weil er Jesus in seinem Herzen trägt. Er versteht die Gefühle sehr gut. Und deshalb versteht er uns so gut mit unserem Kummer und unserer Freude, mit unserer Angst und unserem Freiheitswillen. Deshalb muss er manchmal streng mit uns sein, - aber er ist zugleich immer noch viel barmherziger, weil er weiß, wie schwer es ist, ein gutes Leben zu führen.

Er ist der gute Hirte. Er kennt die Seinen. Er will nicht ohne die Menschen sein – seine Herde – Und sie sind nicht viel ohne ihn. Ohne ihn gehen sie oft und meistens verloren – und niemand fragt nach ihnen wirklich mit Anteilnahme und von Herzen.

So hängt alles zusammen. Es ist ein großer Zusammenhang! Und ich fasse zusammen:

Gott ist der gute Hirte, der die Herde zusammenruft, damit jeder/jede lernt, eine guter Hirte für sich selbst und für andere zu werden.

Und wer andersherum anfängt, beim Menschen und nicht bei Gott, der kommt zum selben Ergebnis:

Wer wirklich gut auf sich aufpasst, wirklich auf sein Innerstes, seine Seele hört – und nicht nur egoistisch drauflos haut, der gewinnt auch die anderen Menschen lieb, versteht sie und geht ihnen nach und zusammen mit ihnen auf dem Weg. Und der wird dann zuletzt so auch den guten Gott und Hirten finden, der alles und alle in seinem Herzen trägt. AMEN

Am nächsten Sonntag möchte ich über den Raum hier unten nachdenken. Mein zweiter Gedanke (s.o.)

Heute ging es um die Menschen, die hier sind, dann in 8 Tagen um den Raum, und welchen Schatz wir vielleicht in diesem Keller, in diesem Acker hier, finden können.

Predigt am Sonntag, den 13.04.08 von Pfr. Rainer Wutzkowsky

Liebe Gemeinde,

am letzten Sonntag habe ich über das Bild: Hirte und Herde, Pastor und Gemeinde, nachgedacht, dem Anlaß meiner Begrüßung angemessen.

Ich hatte noch eine zweite Idee – wenn ich im Vorfeld an diese Gemeinde und ihre Gottesdienste dachte: Man müsste einmal über diesen Raum, unseren Gottesdienstraum nachdenken. Wie bitte, werden Sie denken, was ist denn daran besonderes?

Eine Frau sagte mir: „Wir müssten bald doch eine richtige Kirche haben – dies ist doch nur ein Kellerraum, nur mit künstlichem Licht und Sitzreihen wie in der Wartezone im Flughafen ...usw“.

Ja, aber das ist ja gerade das Besondere! Dass wir im Keller sind! Pfarrer Kusch hat wohl öfters gesagt: “in der Katakombe“ und damit – etwas übertrieben – an die ersten verfolgten Christen in Rom erinnert.

Man könnte auch sagen: Wir sind unter der Oberfläche, im Bauch der Erde.

Was bedeutet das als Ort für das Wort Gottes? Es ist nicht egal, ob Jesus auf einem Berg oder vom Wasser her oder auf einem Feld, in einem Haus oder in einer Synagoge redet? Eine Höhle, einen Keller gibt es bei ihm nicht. Aber was bedeutet das, wenn wir es heute so erleben?

Mir fällt dazu ein kurzes Wort aus dem Mathäus Evangelium ein „Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen in einem Acker, den ein Mensch fand und verbarg und in seiner Freude ging er hin und verkauft alles, was er hatte und kauft den Acker.“ Da ist also etwas verborgen, vergraben im Boden. Ein Schatz!

Was für einen Schatz können wir hier im fremden Boden, im Acker des Kulturhauses, unter der Oberfläche finden? Das ist unsere heutige Frage.

Soviel ist sicher: den Schatz hier zu finden, - das gibt es nicht umsonst, das kostet etwas. Gemeint ist aber nicht Geld! Wir müssen das Kulturhaus nicht kaufen, um den Schatz zu finden. Was hier zu finden ist, ist nicht mit Geld zu bezahlen. Aber wir müssen uns einsetzen, uns mühen und suchen – und anderes, den ganzen Besitz, den wir sonst haben, in die zweite Reihe stellen, wenn wir diesen Schatz sehen wollen.

Jesus sagt: „ Der Schatz ist das Reich Gottes, das Himmelreich“. Wir denken dabei sofort an ein „Jenseits“, etwas, das nach dem Leben kommt: Himmel, Paradies, Ewigkeit. Und dann sagen wir schnell: „Dann lasst uns erst mal leben, das andere sehen wir dann, wenn’s dran ist!“ Aber eine Jenseitigkeit, eine Zukünftigkeit, ist gar nicht gemeint. Das „Reich Gottes“, das Himmelreich, will sich im Leben jetzt auswirken. Es will jetzt bedeutsam werden. Nur, es ist verborgen, im Acker versteckt. Es ist im Inneren – und wir finden es nur, wenn wir suchen und graben. Wenn wir also hier hinuntersteigen in den Keller,steigen wir gleicherweise in unser Innerstes hinein, um einen Schatz zu suchen. Wenn wir ihn aber gefunden haben, ist er kostbarer, als alles andere, - weil er unser Leben bestimmt, weil er unser Leben in ein neues Licht setzt.

Aber was bedeutet das nun konkret?

Fangen wir noch einmal ganz neu an. Schauen wir, was da oben ist, an der Oberfläche!

Freitag war ich oben auf der Burg und weil es so schön war, gestern noch einmal: Die Sonne schien so warm und glänzend, das Meer spiegelte, unter mir lag die ganze Stadt, die majestätischen Berge im Hintergrund. Das frische Grün, blühende Bäume, Blumen und die Stille auf dem Burgberg. Ja, die Welt ist schön!! Gott hat die Welt schön und gut geschaffen. Zuerst das Licht – und zuletzt den Menschen – und die Bibel sagt, wie wir hörten: „..es war gut, sogar sehr gut“.

Aber da gibt es ein „Aber“. Alles was die Menschen anpacken, entpuppt sich als doppeldeutig. Alles kostet seinen Preis. Je schöner etwas ist, desto höher ist der Preis, den wir dafür bezahlen müssen. Z.B.: Wir machen uns das Leben schön und angenehm durch die Technik, aber wir bezahlen dafür mit dem Preis der Umweltverschmutzung oder der Zerstörung, vielleicht sogar mit dem Klima – und das ist unsere Lebensgrundlage. Und wenn wir auf den Menschen selbst schauen: Wer wüsste nicht, wie viele Brüche es im Leben gibt, wie viel Einsamkeit, wie viel zerbrochene Träume!

Da ist die Welt so schön, - aber wir machen uns oft das Leben so schwer! Wie viel Streit, ja Hass und Unversöhnlichkeit gibt es unter den Menschen?! Wie viel Gift auch, - wo doch alles so gut gedacht ist!

Manche fliehen dann auch mit ihren Problemen aus Deutschland und denken, hier im Süden wäre es besser: aber man nimmt sich ja immer mit. Man wird ja so schnell und so einfach kein anderer, schon gar nicht, wenn man nur den Ort wechselt.

Wer das einmal erkannt und es sich auch eingestanden hat, der merkt: Das schöne Leben an der Oberfläche kann nicht alles sein! Da gibt es im Inneren, im Bauch, im Acker noch etwas, das will auch bemerkt und gesucht werden, sonst werden wir oberflächlich und am Ende vielleicht sogar krank, weil wir nicht auf unsere Seele hören.

Diesen Schatz sollen wir suchen. Jesus sagt im Evangelium: „ Ich zeige ihn euch.!“

Es ist der lebendige Kontakt mit Gott und mit mir: Wir - Mensch und Gott - hängen zusammen wie Weinstock, Rebe und Frucht. Wer den Zusammenhang nicht erkennt, der lebt an der Struktur des Lebens vorbei – und das kann nicht gut gehen.

Wer aber den Zusammenhang findet und erkennt, der lebt in Einklang mit sich, mit Gott und den anderen Menschen.

Deshalb sind wir hier, so hoffe ich, im Acker, in der Tiefe, im Inneren, um diesen Schatz zu suchen, der unser Leben zurechtrückt: im Keller eines Hauses und in der Tiefe unserer Seele.

Und damit wir dort weiterkommen, möchte ich an den nächsten Sonntagen über diesen Kontakt, den Zusammenhang von Gott und Mensch, predigen, z.B. über das Gebet, das Kontaktmittel und die 7 Bitten des „Vater unser“.

Das sind die Fragen, die uns beschäftigen werden:

- Wer ist Gott? –

- Was ist sein Wille? –

- Was ist sein Reich? –

- Was brauchen wir zum Leben? Das tägliche Brot –

- Wie steht es mit Schuld und Vergebung? –

- Was ist Versuchung? –

- Was ist Erlösung? –

Antworten darauf finden wir nur, wenn wir in die Tiefe gehen, ins Innere unseres Herzens hinabsteigen. Von da oben weg, wo alles so laut und vordergründig ist – hinunter in den Keller.

Das Leben baut man erst recht, wenn man mit den Fundamenten beginnt. Und die wollen wir suchen. AMEN

-

Predigt am Sonntag, den 20.4. 2008 in Alanya von Pfr. Rainer Wutzkowsky

Liebe Gemeinde,

Am letzten Sonntag habe ich mit dem Gedanken geendet, dass der Zusammenhang zwischen Mensch und Gott, die Verbindung, der eigentliche Schatz ist, den wir im Leben und im Gottesdienst suchen sollen.

Wie gewinnt man eine solche Verbindung? Sie ist ja nicht selbstverständlich. Ganz im Gegenteil: die heutigen Menschen leben, als wenn es Gott nicht gäbe. Man verfolgt seinen Lebensweg – und ist froh, wenn man so einigermaßen durchkommt.

Viele verrennen sich allerdings dabei auch, gerade, weil sie nur mit sich selbst beschäftigt sind – und keinen Abstand von ihren Problemen und Aufgaben gewinnen.

Schauen wir zunächst einmal auf unsere

zwischenmenschlichen Kontakte .Wie stellen wir da Verbindung, Kontakt, Beziehung her?

Weil wir Menschen sind, fällt uns sofort die Sprache ein: Wir sprechen miteinander – und das ist unser wichtigstes Kontaktmittel. Das ist Kommunikation!

Wo nicht mehr miteinander gesprochen wird, wo man sich nicht mehr miteinander an einen Tisch setzt – da läuft auch nichts mehr. Menschen brauchen für ihren Zusammenhalt, die Sprache, den Austausch, die Unterhaltung.

Aber schon das ist nicht so einfach. Gemeint ist ja nicht Gequatsche, Gerede oder Geschwätz - nach dem Motto, wie ich es neulich in einem Witz gehört habe: „ Kennst du die Frau Meyer, ja, ja, die ist ganz in Ordnung! Kennst du auch die Frau Schmidt? Ja, ich glaub schon. Die ist auch in Ordnung! Und die Frau Schneider? Nee, ich glaube nicht. Na, das ist doch die Geschiedene mit dem jungen Gärtner. Ach, so, die! Ja, die ist auch in Ordnung! – Mensch, mit dir kann man sich ja gar nicht unterhalten!“

Also, wenn man nicht übereinander tratschen kann - meint der Witz -, dann gibt es keinen Stoff für eine Unterhaltung. Nichts ist anscheinend so schön, wie das Gespräch über andere, vor allem, wenn sie nicht dabei sind.

Aber das ist doch kein Gespräch! Zeichen für ein gutes Gespräch unter Menschen ist es, wenn man am Ende zufrieden ist, weil man sich verstanden hat, weil eine gute Beziehung entstanden ist – und weil man vielleicht auch etwas Neues gelernt hat. Bei Gequatsche und Getratsche kommt meist nur Unzufriedenheit heraus. Es gibt meistens neuen und endlosen Ärger, der niemandem hilft. Solches Gequatsche muss man stoppen – wie in dem Witz. Einfach etwas Gutes gegen das Negative setzen, über das wir uns so gerne die Köpfe heiß reden.

Dann bekommen unsere Kontakte eine andere Wendung. Langsam entsteht ein anderes Klima. Wir verstehen uns, anstatt übereinander herzufallen.

Noch etwas ist wichtig: Viele Menschen können sich nicht unterhalten, weil sie nicht verstehen, wirklich zuzuhören. Jeder will nur immer das Seine an die Frau, den Mann bringen. Wir kennen das: kaum hat man ein Thema angeschnitten, schon sagt der andere: „Ja, bei mir ist das auch so, sogar noch schlimmer – und schon ist er bei sich – und jeder redet auf den anderen ein, ohne das man erst einmal hört, was denn der andere wirklich meint.

Zuhören ist die wichtigste Basis für ein gutes Gespräch. Ohne, das jeder mal schweigt und zuhört und versucht, den anderen wirklich zu verstehen, gibt es gar kein gutes Gespräch.

Wenn die Kommunikation unter Menschen nun schon so schwierig ist, wie schwierig ist dann erst das Gespräch mit Gott – wo man ja gar kein direktes Gegenüber hat, sondern heutzutage oft das Gefühl hat, man rede in einen leeren Raum hinein? Ob da überhaupt jemand zuhört?!

Oft gibt es auch im Gespräch mit Gott viel Geschwätz, d.h. man macht viele liturgische Worte, ohne etwas zu sagen!

Oder: man hört auch hier nicht zu, - man ist nur mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt oder mit seinen Problemen – ohne einmal einfach nur still zu sein, um vielleicht erst einmal hören zu können, was Gott uns vielleicht in unserem Inneren sagt. Solche Gebete und Gespräche mit Gott in vielen Worten können also auch nicht gelingen.

Aber wie kommt dann eine gute Beziehung zustande?

Wir denken bei einem Gespräch immer zuerst an Worte. Es gibt aber auch die so genannte nonverbale Kommunikation: Sprechen ohne Worte. Sprechen mit dem Körper, Sprechen durch eine Haltung. Das ist die Basis, die Grundlage für ein Gespräch. Wer z.B. immer mit verschränkten Armen da sitzt, zeigt, dass er gar nicht offen ist – und dann kann kein Gespräch zustande kommen. Er müsste sich zuerst einmal öffnen – und über seine Angst reden, etwas Echtes zu sagen.

Auch für das Gebet ist die Haltung wichtig – und da können wir viel von den Moslems lernen, denn die beten vor allem mit dem Körper.

Ich war neulich zum Abendgebet in der Moschee. Da waren etwa 30 Männer zusammen. Alle in einer Reihe - und vor ihnen der Imam in der Gebetsnische.

Zu Beginn streicht man mit den Händen übers Gesicht, um zu sagen, dass man rein ist, dass man ein klares Gesicht hat, dass man bereit ist zum Gebet. Man hört mit den Ohren nach rechts und nach links, man liest aus den Händen, wie aus einem Buch, man steht vor Gott und man wirft sich nieder mit dem ganzen Körper, - mit allem, was man ist.

Natürlich, die e i n e Reihe vor Gott erinnert auch an eine geordnete Schlachtreihe. Da steckt etwas Militärisches drin, eine Einheit in einer Gemeinschaft von Macht und Schlagkraft.

Am Ende des Gebetes passierte dann noch etwas Besonderes: Ich dachte, es wäre zu ende – und alle würden jetzt hinausgehen. Aber die Männer verteilten sich über den ganzen Raum und jeder betete in der Vereinzelung für sich: – aus der Schlachtreihe, aus der Gemeinschaft geht man hinein ins Individuelle, jeder für sich.

Wir Christen haben solche Körpersprache im Gebet weitgehend verloren. Ein bisschen aufstehen und die Hände falten – vielleicht noch das Kreuzzeichen – das ist alles, was wir praktizieren.

Aber auch dazu, zum Körpergebet, sagt Jesus etwas: „Wenn du beten willst, geh’ in dein Kämmerlein!“ Da hat man immer ans Schlafzimmer, an das Nachtgebet im Bett gedacht. Das „Kämmerlein“ meint aber die Herzensstube. Geh’ in dich – heißt das. Wende dich zuerst einmal nach innen – und atme ruhig. Werde stille! Atme den ganzen Dreck des Tages, alle Sorgen und den Kummer aus – und stelle dich, sitze oder liege vor Gott.

Das ist schon alles. Das ist nicht wenig! Das ist viel! Es ist das Ganze.

Wenn wir mit Bewusstsein uns vor Gott befinden , dann ist das ganze Leben ein Gebet. Gott kennt es, er sieht es, er weiß es – weil wir es ihm hinhalten, zeigen! – Da müssen wir gar nicht mehr viel sprechen.

Werde so auch ein empfangender Mensch! Öffne die Hände und du hörst Gott reden! Gott spricht in deinem Atem. Und immer wenn du einatmest, strömt etwas von Gottes Kraft und Stille in dich hinein.

Das ist die Basis für eine gute Beziehung zu Gott. Die müssen wir ganz schlicht einüben. Das kann jeder zuhause oder in der Natur – wenn er allein ist. Dann erst folgen die richtigen Worte von alleine – wenn man überhaupt noch Worte braucht.

Natürlich gibt es auch ein Gebet mit Worten. Aber wir verstehen es erst, wenn wir die richtige Haltung dazu einnehmen. Die Hände öffnen – das ist schon ein Zeichen, das sich auch unser Geist, unser Herz öffnet.

Richtig atmen heißt: unser Geist wird weit!!!

An den nächsten Sonntagen im Mai und Juni werden wir nachdenken über die einzelnen Sätze des „Vater unser" Wenn wir die richtige Haltung dazu üben, - jeden Tag jeder für sich, 5 o. 10 Minuten -, werden wir diese sieben Sätze viel tiefer verstehen, als wir bisher gedacht haben. Ganz bestimmt!! AMEN

Sonntag, 6. Juli 2008

Bilder aus unserer Stadt

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Predigt am 6.Juli 2008 - ... denn Dein ist das Reich...

Liebe Gemeinde,

Sieben Bitten des Vaterunsers haben uns in den letzten Wochen beschäftigt. Jetzt müssen wir den Sack zubinden, den wir vor drei Monaten öffneten.
Die ersten drei Bitten beziehen sich darauf, Gottes Bereich zu akzeptieren und zu schützen. Es ist gut für den Menschen, wenn Gottes Reich kommt, sein Wille geschieht und sein Name geheiligt wird.
Die 4.Bitte betrifft unser konkret-materielles Leben: Wir s i n d Körper und wir leben von Brot. Es ist notwendig, dass dafür richtig gesorgt ist, täglich und nicht auf Vorrat.
Die letzten drei Bitten nehmen die Seele des Menschen in den Blick: Schuld und Vergebung, Versuchung und Erlösung – das formt unsere Seele und hält sie lebendig.
So sorgt das Vaterunser für das Ganze,- für Gott und für den ganzen Menschen. Und es tut das in Form von Bitten.
Alleine können wir das alles nicht richtig bewältigen. Wir versuchen es wohl, autark zu sein, aber wir verwirren und verstricken uns so nur ins Leben anstatt es richtig zu bestehen.
Richtig gepolt ist der Mensch nur, wenn er genordet ist wie ein Kompaß: Hier bin ich, ein Mensch!
Ich habe nicht Bitten, ich b i n Bitte. Ich bin eine offene Frage auf Gott hin. Und da – mir gegenüber – ist meine große Hoffnung: GOTT. Aus seiner Hand erwarte ich meine Ergänzung; das, was mir fehlt im Leben.
Diese Haltung steckt im Vaterunser und hinter ihm. Das haben die Menschen immer gespürt.
Aber nun fehlt noch etwas. Das Vaterunser endet mit der 7.Bitte: und erlöse uns von dem Bösen. Punkt.Aus.Amen. So wurde es ja auch gebetet,- zumindest in den kath.Kirchen.
Aber schon in ganz früher Zeit hat man gemerkt, dass die Bitte nicht alles sein kann. Deshalb steht schon in den späten Handschriften des NT`s der Zusatz:“ Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit. In Ewigkeit.Amen“
Das ist DANK und LOBPREIS und FREUDE.
Wenn ich alles von Gott erwarten kann und darf, dann kann ich auch froh und dankbar sein, dass es so ist.
Normalerweise assoziieren wir mit Bedürftigkeit und Bitten ja eine finstere oder säuerliche Seelenlage. Hier ist es jetzt umgekehrt. Dass ich bedürftig bin und Gott bitten kann, macht mich froh und dankbar. Es befreit mich – von mir selber. I c h muß mein Leben nicht vollenden, nicht bewerkstelligen. Es ist gut, wenn ich etwas leiste, aber Leistung ist nicht alles. Genau besehen macht mich Leistung nicht froh. Was ich verdient habe, ist ein Recht. Froh aber macht mich das, was ich unverdient geschenkt bekomme.
Das merken wir ganz banal schon im Alltag. Wenn ich bezahle, erwarte ich Leistung. Dann berechne und beurteile ich, bin zufrieden oder unzufrieden. Wenn ich aber etwas geschenkt bekomme – eine Blume oder eine Vorspeise oder einen Tee im Restaurant – hebt sich meine Stimmung, vorausgesetzt ich entdecke die Freundlichkeit darin d.h. es sind keine fremden Absichten beigemischt. Ich sage dann: das ist aber nett – und freue mich.
Deshalb endet auch das Vaterunser mit d i e s e r Seelenhaltung: ich bin dankbar und freue mich, dass Gott meine Bitten erfüllt, dass er mich beschenkt.
Diese Erfüllung oder das Geschenk ist nicht immer so, wie ich es mir vorstelle: es ist besser.Besser für mich. Jemand hat gesagt: Das Schlimmste für mich wäre, wenn alle m e i n e Bitten in Erfüllung gehen würden.
Das Vaterunser formuliert ja nun auch nicht konkrete Bitten, sondern es umreißt in Form von Bitten die menschliche Grundsituation. Wie diese erfüllt wird, das ist eine andere Frage und bedarf unserer vollen Aufmerksamkeit für die Geschicke des Lebens, in denen sich Erfüllung zeigt. Vieles ernten wir so, wie wir es gesät haben. Das vergessen viele Menschen. Sie empfinden das Leben oft wie eine Bestrafung. Warum passiert gerade mir das – ist eine häufige Frage. Sie vergessen nach ihrer eigenen Verantwortlichkeit zu suchen. Sie haben es eben durch ihre Eigenwilligkeit so eingerichtet, sie haben so gesät, wie sie ernten. Da ist nicht Gottes Hand im Spiel – oder nur sehr mittelbar als dezenter Hinweis auf falsche Orientierung, wenn wir zu lesen verstehen.
Manchmal aber fällt uns ein Glück, eine Erfüllung zu – und wir wissen nicht, womit wir es verdient haben. Das ist Gottes Hand, die unsere offene Haltung erfüllt. Die Haltung, die das Vaterunser voraussetzt. Dann sind wir dankbar und freuen uns. Gott sei Dank –sagen wir.
Im Vaterunser heißt der Lobpreis: Dein ist REICH, KRAFT, HERRLICHKEIT – und das in alle Ewigkeit, von überzeitlicher Dauer.
Reich, Kraft und Herrlichkeit,- das sind alles Synonyme für Gott.
Gottes Reich, das ist Gott in räumlicher Dimension gedacht. Eigentlich ist Gottes Reich kein Ort. Es ist eine Dimension in allem, was ist. Es ist nicht von dieser Welt, sondern anders. Aber alles von dieser Welt führt uns dahin, wenn wir es richtig gebrauchen und deuten
Gottes Kraft ist Gott in energetischer Dimension. Diese Kraft ist nicht einfach Macht. Sie kann sich auch in Ohnmacht zeigen. Sie benutzt alles, um das Ganze zu einem guten Ziel zu führen. Darin ist sie Kraft.
Und Gottes Herrlichkeit ist Gott in ästhetischer Dimension. Gott ist schön und Gott macht schön. Wenn die Menschen Gott wirken lassen, wird alles schön: die Welt, die Natur, die Menschen, die Seele – alles wird schön, weil Gott schön ist. Kosmetik kommt von Kosmos – und d.h. Ordnung, schöne, natürliche Ordnung. Wir wollen auch etwas schön machen und treiben Kosmetik – aber oft verkehren wir damit nur das wahre Gesicht des Menschen und der Natur. Gottes Kosmetik bringt das wahre Gesicht ans Licht – und es ist schön, wie er selber schön ist.
So endet das Vaterunser mit einer kleinen Gotteslehre, wie es damit anfängt, wenn es ihn als Vater, Abba, anruft.
Dieser Abba-Vater ist ein Reich anderer Art. Er ist Kraft, die auch die Ohnmacht noch einbezieht, sie sich zunutze macht und so kräftigt, und er ist Herrlichkeit, die reine Schönheit in Ewigkeit.
Das alles ist es ja, um das wir gebeten haben: dass Gottes Reich sich erfülle, dass unsere Ohnmacht sich kräftige und das alles,was ist, schön und wahr sei. Das Vaterunser endet also mit einem Lobpreis, weil alles gut eingerichtet ist, so wie es ist. Wir sind als Bittende auf Gott ausgerichtet - und Gott erfüllt, weil er alles ganz und schön macht.
Wenn wir Menschen uns zwischen diese gute Beziehung stellen, wenn wir alles selbst in die Hand nehmen, wird alles schief und falsch.
Damit das nicht geschieht, beten wir das Vaterunser. Jeden Sonntag – und auch sonst.
AMEN

Bilder aus der Türkei

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Samstag, 5. Juli 2008

Peter Hockenholz berichtet:

Immensen – Alanya-Außenstelle 2007
Das Örtchen Immensen liegt zwischen Burgdorf und Lehrte im Speckgürtel Hannovers. Hier traf sich am Mittwoch, dem 2. Juli die Gruppe Alanyadeutscher, die sich immer irgendwo in Deutschland trifft, wenn sie gerade im Vaterlande weilt.
Gastgeber waren dieses Mal Filiz und Gustav. Türkin und Deutscher verwöhnten einen langen Tag ein rundes Dutzend fröhlicher Menschen, viele davon bekannt aus der Sankt Nikolausgemeinde Alanya, einige als Exmitglieder eines vorwiegend deutschen Vereines in Alanya. Einige Damen und Herren pflegen dieses jährlich ein bis zwei Mal stattfindende Treffen seit vielen Jahren. Man verbindet Angenehmes mit Nützlichem wie notwendigen Besuchen beim Arzt. Aber genießt das Rundreisen in deutschen wie angrenzenden europäischen Landen. Anne Schaffrath und ihr Helmut melden sich schon einen Tag später aus Holland, ehe sie weiterreisen in die Gegend von Calw, die schwäbische Heimat hart an der Grenze zu Baden. Gern gesehener Ehrengast war Alanyas erster Pfarrer Hans Gerdts mit seiner Gattin. Er berichtet von seiner Zeit der Grundsteinlegung einer Gemeinde – und gelassen und ohne Bitterkeit von den zu bewältigenden Problemen vor Ort, von einem Wichtigen, der die Funktion eines Flaschenhalses ausübte – und sich im Sammeln von Knüppeln verstand, diese dem Pastor zwischen die Beine zu werfen.
Auch sein Nachfolger Pfarrer Plasse, zu diesem besteht ebenfalls ein herzlicher Kontakt, wüsste Lieder davon zu singen. Selbst Joachim Kusch III. hatte noch damit zu kämpfen. Rainer Wutzkowsky Pfarrer IV, baut nun weiter – es geht aufwärts.
Vicky hanim berichtet sachlich, fast leidenschaftslos, weshalb sie und viele weitere der Anwesenden vor Jahr und Tag den von einer Wichtigen diktatorisch geleiteten Verein mit Abscheu verlassen haben. Nun trifft man sich privat, hilft sich, wandert miteinander, pflegt einen guten Stil im menschlichen Miteinander. Noch weiß man nicht, an welchem Ort und zu welcher Stunde die Tradition des Treffens in Deutschland nächstens stattfinden wird.
Der Berichterstatter war explizit als Gast anwesend – und die mit Abstand beste Riesenportion Rote Grütze liegt ihm noch auf der Zunge. Danke den freundlichen Gastgebern und ihren Gästen für die Einladung, es hat Freude gemacht.

- ho

Freitag, 4. Juli 2008