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Sonntag, 5. Oktober 2008

PREDIGT über die 3. Seligpreisung

Predigt vom 5.10.2008 über die 3. Seligpreisung - Matth. 5,5

Liebe Gemeinde,
wir haben uns bereits an den vergangenen Sonntagen mit den Seligpreisungen Jesu beschäftigt. Das sind nicht einfach nur ein paar kluge Sätze, sondern in ihnen steckt ein ganzes Programm für eine veränderte Welt. Wir müssen in diese Sätze hineinlauschen. Sie verstehen sich nicht von selbst. Sie sind zu ungewohnt, einfach anders, anders als wir normalerweise denken. Im 1. Satz hat Jesus die Besitzlosen, die Armen glücklich genannt. Im 2. Satz die Trauernden. Und auch heute ist es wieder eine ungewöhnliche Gruppe, die wir normalerweise nicht zu den Glückseligen zählen würden.
Jesus sagt: Glücklich sind die Sanftmütigen, die Milden, denn sie werden die Erde besitzen oder erben.
Die Erde besitzen oder auch besetzen, sie beherrschen, von ihr leben, sie nutzen, reich an ihr werden – das wollen wir alle. So sind die Menschen. Nicht alle erkennen das so einfach. Sie halten sich für sehr bescheiden. Ich bin doch kein großer Fisch, ich bin doch zufrieden mit dem wenigen, was ich habe. Aber woher habe ich es denn? Doch auch von der Erde. Ein Stückweit besitzt und besetzt jeder sein Fleckchen Erde!
Das ist auch nicht weiter schlimm. Die Bibel weiß, dass es so ist. Schon in den ersten Sätzen sagt sie: Macht euch die Erde untertan. Und der Mensch gab allem einen Namen, d.h. indem er alles benennt, definiert er auch alles, nimmt er es in seinen Griff, will er mit ihm nutz- u. gewinnbringend umgehen.
Aber w i e er das tut, das ist nun entscheidend:
Normalerweise ist der Mensch aggressiv, er packt an. Nur wer seine Ellenbogen gebraucht, kommt zu etwas. Nur der kann etwas erben oder seinen Blumentopf gewinnen – denken wir. Aber dann kommt ein Börsen- o. Bankenkrach – und all die Milliarden sind futsch. Alles, was die Ellenbogen zusammengerafft haben, ist dahin. Wie aggressiv ist da jahrelang geworben worden! Hohe Rendite wurden versprochen, es sind Kredite billig verkauft worden und dann die Schuldenpakete – und auf einmal löst sich alles in Luft auf. Die ganze Aggressionsblase platzt wie eine Seifenblase.
Ein anderes Beispiel: In der Wirtschaft wünscht man sich aggressive Verkäufer, und so werden sie auch geschult. Ähnlich erleben wir es hier im Kleinen auf den Straßen: Jeder will jeden in sein Geschäft oder sein Restaurant ziehen. Aber das nervt. Man will einfach nicht jedem die hingehaltene Hand schütteln. Aggression macht wütend, böse hart. Wenn ich nicht in Ruhe gucken kann, dann kaufe ich eben gar nichts. Das ist auch eine Art von Rache.
Ein drittes Beispiel: Die Lehrer klagen, wie aggressiv, wie gewaltsam die Kinder und Jugendlichen sind. Und wie sie immer gewaltsamer werden. Aber dann wundern wir uns, wenn es irgendwo wirklich einmal richtig knallt wie neulich in Finnland – und 11 Menschen auf einen Schlag tot sind. Dabei tritt dort doch nur zu Tage, was überall unterschwellig herrscht. 10 Jahre lang hat sich der Amokläufer vorbereitet. 10 Jahre lang ist das gewachsen. Als säßen wir auf einem Pulverfass.
Der normale Weg zur Herrschaft läuft in dieser unserer Welt über die Gewaltsamkeit. Und doch zeigt jede Erfahrung, dass man am Ende so überhaupt nichts erreicht. Am Ende gibt`s da immer nur Opfer, Tote, Leichen. So erbt man die Erde eben nicht! Man erbt sie vielleicht noch, aber sie ist dann nichts mehr wert, weil sie kaputt gemacht worden ist.
In diese gewaltsame Welt oder Menschheit fällt nun ein Wort Jesu, das wie ein Wort von einem anderen Stern klingt. Nicht die Gewalt – sagt Jesus,- Sanftmut, Milde!
Die alten Chinesen haben schon lange vor Jesus etwas Ähnliches geahnt. Was ist stärker – haben sie gefragt – der harte Fels oder das weiche Wasser? Natürlich das weiche Wasser. Es höhlt auch noch den härtesten Felsen, wenn es nur lange genug auf ihn tropft.
Wir wünschen uns alle – denke ich – eine weichere, mildere Welt. Mit Härte und aus Härte wird niemand glücklich.
Aber wie gewinnen wir eine solche Tugend? Nicht ohne Grund ist die Welt ja so hart, wie sie es nun einmal ist.
Jemand hat gesagt: Die Welt kann ich nicht ändern, aber mich sehr wohl. Also hier führt der Weg lang.
Viele Menschen gehen leider auch sehr hart mit sich selber um. Sie beurteilen sich streng und verurteilen sich oft. Sie verlangen große Dinge von sich und wollen Höchstleistungen bringen. Genauso, wie sie sich beurteilen, beurteilen sie auch alle Welt. So, wie sie sich sehen, sehen sie auch jeden anderen. Das, was sie von sich verlangen und erwarten, erwarten und verlangen sie von jedem anderen auch. Und schon kommt eine unbarmherzige Härte in die Welt. Also: Wie wäre es, wenn ich zunächst einmal milde und sanft mit mir selbst umgehe? Ich nehme nicht nur das Große und Gewaltige in mir wahr, oder was ich alles geleistet habe, worauf ich stolz bin, sondern auch meine Grenzen, das, was mir misslungen ist, das, was ich alles nicht leben konnte – und ich lasse es stehen und nehme es an. So ist es! Das gehört auch zu mir. Ich werte es nicht ab und verachte mich dafür, sondern ich nehme es an. Es ist nicht ohne Grund in mir. Auch das will mir Wesentliches für meinen Weg zeigen. Und also ist es wertvoll.
Im Wort „sanft“ steckt das Wort sammeln. Erst einmal alles in mir sammeln und nicht nur das, was ich so schön und großartig finde. Dann werde ich von alleine sanft. Dann bleibt mir gar nichts übrig als menschlich und sanft mit mir umzugehen. Sonst zerreißt es mich. Wenn ich aber mit mir sanft bin, bin ich es auch mit anderen. Und Mal für Mal fällt ein Tropfen Sanftmut mehr in die harte Welt.
Im Wort „Milde“ aber steckt das Wort „mahlen“. Wenn alles in mir gemahlen ist, durchmahlen ist, ist es weich. Vor allem älteren und alten Menschen traut man zu, dass sie das können. Wenn sie nicht hart und bitter geworden sind, weil sie immer meinen, sie hätten zu wenig bekommen oder zu wenig gelebt und sie müssten deshalb noch viel nachholen, dann schauen sie mit einem freundlichen Blick auf sich und die Welt. Sie müssen nicht perfekt sein. Nichts muss perfekt sein. Alles darf so sein, wie es ist. Das wissen sie, wenn sie wach auf ihr Leben zurückschauen.
Weil Jesus dieses eine Wort von der Sanftmut, Milde oder Freundlichkeit in die Welt getropft hat, kann die Welt nicht einfach nur gewalttätig bleiben. Es erinnert uns an unsere tiefsten Wünsche und Sehnsüchte. Und es sagt uns, dass wir nur so die Erde wirklich erben. Nur wer freundlich auf die Erde blickt, dem wird sie auch entgegenkommen und nur dem wird sie sich öffnen und ihre Gaben schenken.
Das übt man jeden Tag – und am besten fängt man gleich damit an: sich selber freundlich ansehen und mit dem gleichen Auge in die Welt schauen und auch auf seinen Nachbarn.
AMEN

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