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Sonntag, 7. Dezember 2008

Zacharias und Elisabeth - ein älteres Ehepaar

Predigt zum 2. Advent - Lukas 1,5-25

Liebe Gemeinde,
Zacharias und Elisabeth sind ein altes, oder sagen wir älteres Ehepaar. Zacharias ist Tempelpriester in Jerusalem. Das Ehepaar ist kinderlos – und das ist in diesem Falle besonders schmerzlich, weil man in Israel das Priestertum vom Vater auf den Sohn vererbt. Zacharias hat also keinen Erben, und Elisabeth fühlt sich daran schuldig. Es ist eine Schmach. Sie kann nicht mehr mit erhobenem Haupt durch die Welt gehen.
Zacharias hat lange Zeit gehofft, aber jetzt hat er das Hoffen aufgegeben. Es wird nichts. Mit der Enttäuschung muss man leben.
In diese Situation kommt nun ein Engel. Wir kennen sogar seinen Namen: Gabriel. Er ist der Verkündigungsbote Gottes, sein Botschafter.
Was dieser Engel dem Zacharias zu sagen hat, muss diesem nun höchst wunderlich vorkommen: nun doch noch ein Sohn?! Das kann er nicht glauben und noch weniger annehmen.
Wir glauben es ja auch nicht – wenn es nur um die Biologie ginge. Aber es geht nicht um die Biologie oder die Medizin, um die Gynäkologie oder die Andrologie. Es geht um weitaus mehr.
Wenn etwas ganz Neues geschieht, Ungewöhnliches, etwas, was nicht aus dem Normalen abzuleiten ist, etwas, für das es keine normalen Erklärungen gibt, - dann hat die Bibel zwei Mittel, das deutlich zu machen. Einmal erreicht alte Menschen, die weit über die Zeit hinaus sind, das Neue – in diesem Falle ein Sohn. Das ist bei Abraham und Sara so, bevor Isaak geboren wird, und bei Hanna , der Mutter des Propheten Samuel und jetzt bei Zacharias und Elisabeth, den Eltern von Johannes dem Täufer.
Das andere Zeichen ist die Jungfrauengeburt, wie wir sie von Maria und Jesus kennen,- noch wunderbarer, noch unerklärlicher.
Interessant ist nicht die Frage, ob das biologisch-medizinisch wahr oder möglich ist, ob das überhaupt sein kann. Interessant ist, ob wir erkennen, dass damit das Ungewöhnliche, das absolut Neue beginnt.
Das will die Bibel mit solchem Geschehen ausdrücken: Jetzt geschieht etwas, was keiner erklären kann. Etwas, das aus dem Normalen herausfällt. Etwas, das nicht eine Fortsetzung des Alten und Gewohnten ist. Jetzt wird die Welt neu geschaffen.
Und so geht es nun auch bei Zacharias weiter. Der Sohn, den er haben wird, wird kein Priester werden. Er wird nichts erben oder einfach aus der Hand des Zacharias übernehmen. Johannes der Täufer wird ein Prophet sein.
Propheten aber beginnen immer mit dem Nichts. Sie stehen nicht in einer Traditionsreihe wie die Priester. Propheten beginnen aus Gott neu. Sie pfeifen auf Gewohnheiten und Traditionen, stehen kritisch zu ihnen, je heiliger sie sind.
Der Engel kehrt alles um. Bisher ging alles seinen traditionsreichen Lauf. Vom Vater ging es auf den Sohn und dann so weiter. Jetzt – sagt er – werden sich die Herzen der Väter bekehren zu den Kindern. Also es ist jetzt umgekehrt: die Väter folgen den Kindern.
Ein neuer Weg beginnt – und die Alten sollen sich auf das Junge verlassen, und nicht umgekehrt, wie es immer war.
Das glaubt Zacharias nicht. Das will er nicht glauben. Wo gibt es Anzeichen dafür? Woran soll ich deine Behauptungen als wahr erkennen? – sagt er.
Meine Frau und ich, wir sind alt – und wollen es auch bleiben. Neues ist nichts mehr für uns. Warum störst du uns und bringst Unruhe? – scheint er den Engel zu fragen. Wir haben doch schon abgeschlossen.
Ich bin Gabriel – sagt der Engel. Ich komme von Gott. Es ist so – und du wirst es nicht ändern. Deshalb wirst du jetzt schweigen, verstummen bis es geschehen ist.
Das ist keine Bestrafung, sondern eine Notwendigkeit. Zacharias muss seinen widersprechenden Mund halten, damit sich das Neue vorbereiten kann. Wenn es da ist, wird er auch wieder reden können. Er wird sich einstimmen auf das Neue, sich bekehren zu seinem Kind, sich ihm mit dem Herzen zuwenden.
Er tut es dann auch so. Genauso geschieht es. Er schweigt, und als er den Mund wieder aufmacht, spricht er nicht nur, er singt gleich ein Lied: Ich singe die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes, durch die uns besuchen wird das aufgehende Licht aus der Höhe.
So kommt das Neue in die Welt.
Von Elisabeth hören wir in der ganzen Geschichte nicht viel. Sie lässt das Neue geschehen. Sie wird von der schwangeren Maria besucht – und beide schwangere Frauen freuen sich gemeinsam über das Unbegreifliche.

Aber, liebe Gemeinde, was soll das Ganze nun? Ist das nur eine schöne Geschichte aus alter Zeit? Schön anzuhören, aber sagt sie uns auch etwas?
Gewiss. Mit ihr ist auch uns ein Zeichen gegeben.
Wir leben so oft in eingefahrenen Gleisen. Erst recht, wenn wir alt und älter werden. Wir denken gerne, dass da nichts mehr kommt. So sind wir es zufrieden. Es ist gut, dass alles so bleibt, wie es ist. Mein Leben ist ja gelaufen. Warum soll ich mich noch um Neues kümmern?
Menschen, die lange hier leben oder lange hier Urlaub machen, leben ja in gewisser Weise wie auf einer Insel. Man sieht zwar Fernsehen, aber überwiegend doch die Unterhaltungsprogramme.
Es könnte ja sein, dass sich im Moment ganz viel tut in der Welt – und wir kriegen es gar nicht richtig mit. Zig Tausende – vor allem in Amerika - haben auf Pump gelebt und sich mit billigen Krediten ein Leben erkauft, das noch gar nicht erarbeitet oder verdient war. Jetzt stagniert der ganze Laden. Und wieder soll mit neuem Pump-Geld der Motor angekurbelt werden, obwohl er doch schon heiß gelaufen ist. Wie lange soll das noch so weitergehen?
Wir wollen gerne im Alten weitermachen – wie Zacharias. Wie aber – wenn uns ein Neues bestimmt ist?! Und nicht bei den Jungen soll es beginnen, sondern gerade die Alten sollen es zuerst erfahren und begreifen: es geht nicht immer so weiter. Aber es geht auch nichts einfach zu Ende. Weltuntergang ist nicht. Es kommt ein anderes, ein Neues – und vielleicht ist es ja besser als die alte kapitalistische Pump- u.Kreditgesellschaft mit ihrer Menschenausbeutung, Umweltzerstörung und ihrem Konsumwahn.
In der vergangenen Woche rief mich jemand an, um mir zu sagen, dass er am letzten Sonntag beobachtet hätte, dass die Leute mit demselben versteinerten Gesicht den Gottesdienst verlassen hätten, wie sie in ihn hineingekommen wären. Ob das nicht frustrierend für mich als Prediger sei? Eigentlich hätte doch der Engel jedem etwas Befreiendes ins Ohr flüstern müssen, etwas Neues, das froh und glücklich macht.
Ja, weiß ich und mein Anrufer denn, ob der Engel das nicht vielleicht sogar doch getan hat?!
Manche müssen wie Zacharias erst einmal stumm werden, bevor sie das Neue erkennen, begreifen und wirken lassen.
Die Weihnachtsgeschichte, auf die wir ja zugehen, kündet uns immer – jedes Jahr – das Neue. Gottes Neu-Anfänge – ob sie psychisch oder politisch, vielleicht sogar oekonomisch zu verstehen sind. Die Weihnachtsgeschichte will unser Herz berühren, dass es lebendig bleibt – egal wie alt wir sind. Solange wir leben.
Dasselbe sagt uns heute schon die Geschichte von Zacharias und dem Engel Gabriel: Hör nur in dich hinein! – sagt sie. Höre auf Gott!- dann wird alles neu – auch Du und Dein altes Herz.
AMEN

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