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Sonntag, 30. November 2008

DIE ENGEL

Predigt über die Engel - zum 1. Advent 30.11.2008

Liebe Gemeinde,
mit diesem Sonntag beginnt ein neues Kirchenjahr. Neues beginnt und an der Schwelle zum Neuen hält man gerne inne, um aufmerksam zu lauschen, was uns das Neue sagen und bringen könnte.
Zugleich beginnt mit dem 1. Advent die Vorbereitung auf Weihnachten. Die Weihnachtszeit. Advent.
In diesen Vorweihnachtswochen haben nun einige Gestalten Hochkonjunktur, die wir alle gerne haben, von denen aber die wenigsten wissen, wer sie wirklich sind. Ich meine die Engel.
Man kann in den letzten Jahren geradezu von einer Renaissance der Engel sprechen. Es ist merkwürdig. Wo die traditionelle Religion immer schwächer wird, so dass man geradezu von einer allgemeinen Verdunstung des Glaubens gesprochen hat, erscheinen plötzlich überall Engel auf der Bildfläche als sprössen sie wie Pilze aus dem Boden. Überall kann man Engelsfiguren und Figürchen kaufen – vom Schlüsselanhänger bis zur kostbaren Porzellanfigur. Massenhaft Bücher über Engelthemen werden in den Buchhandlungen angeboten. Überall Engel.
Auch in den Weihnachts – u. Adventgeschichten tauchen sie auf. Diese Engel gehören zu den Bildern unserer Kindheit.
Der Verkündigungsengel kommt zu Maria. Ein anderer Engel erscheint dem Zacharias, Vater von Johannes dem Täufer. Wieder ein anderer erscheint dem Josef im Traum, um die Hl. Familie vor dem Schlimmsten zu bewahren. Tausende Engel sind in der Nacht von Bethlehem unterwegs, um den Menschen Frieden zu wünschen und zu singen und um Gott zu loben.
Aber die Menschen wünschen sich auch offensichtlich Engel als Begleiter.
Bei den Taufen gibt man Kindern einen Bibelvers als Lebensvers mit. In 9 von 10 Fällen haben sich Eltern in den letzten Jahren bei mir den Vers aus dem 90. Psalm für ihre Kinder gewünscht: Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie Dich behüten auf allen deinen Wegen.
Man wünscht sich Engel als Schutzmächte, Schutzengel eben.
Anselm Grün, ein Benediktinerpater, ist auf die Idee gekommen, Engel mit allen möglichen Werten zu verbinden. Da gibt es den Engel des Friedens, der Versöhnung, der Gerechtigkeit, der Freude u.s.w. So werden die Werte personifiziert. Sie bekommen eine Gestalt. Sie rücken uns näher.
Auch in der jüdischen Religion und im Islam spielen die Engel eine große Rolle.
Was sind das eigentlich für Wesen – und warum brauchen die Menschen sie so sehr und so gerne?
Das Wort Engel heißt „Bote“. Engel sind Boten und sie haben eine Botschaft. Engel kommen also irgendwo her und sie bringen etwas irgendwo hin. Von da nach da. Engel sind Mittlergestalten. Es sind Zwischenwesen. Sie stehen zwischen Gott und den Menschen aber nicht als Trennende oder Verdunkelnde, sondern als Vermittelnde, als Verbindende.
Sie vermitteln etwas von Gott. Es fließt etwas von Gott durch sie hindurch. Und sie begleiten den Menschen mit ihrer Botschaft auf seinem Weg.
Kann Gott das nicht auch alleine? Natürlich kann er – und das tut er auch. Aber die Menschen sind viele. Millionen über Millionen. Sie möchten das Gefühl haben, ganz persönlich gemeint zu sein und ganz individuell begleitet zu sein. Dabei hilft ihnen der persönliche Engel. Mein Engel sozusagen!
Also Engel – das sind Kräfte und Mächte Gottes, aber in vielfältiger ganz persönlicher Form, so wie es der Einzelne braucht. Wie es für ihn gut ist. Das ist nicht bei jedem das Gleiche. Es ist verschieden. Deshalb gibt es mindestens so viele Engel wie es Menschen gibt.
Aber wie spürt man nun seinen Engel? Was sagt er mir denn? Welche Botschaft hat er für mich?
Vor einigen Jahren ist in Amerika ein Buch erschienen, das schnell zu einem Bestseller wurde und dann auch bald verfilmt wurde. Es heißt: Der Pferdeflüsterer. Darin erzählt ein Mann, wie er durch geduldiges und vorsichtiges Flüstern ins Ohr von Pferden diese armen Tiere geheilt hat. Sie waren durch schlechte Behandlung, falsches Zureiten, durch Quälerei oder was auch immer ganz traumatisiert, verwundet und verletzt worden. Er hat ihnen das Richtige eingeflüstert. Er hat sie durch Flüstern zurechtgerückt, so dass sie gesund, heil werden konnten.
Ich möchte nun einmal behaupten: Engel – das sind Menschenflüsterer.
Fast alle Menschen sind auch durch falsche Behandlung, durch böse Erlebnisse, durch Lebensgeschick traumatisiert, verwundet, verletzt worden. Und genau wie die Pferde, so entwickelt auch ein jeder Mensch seine eigene Strategie sich zu schützen.
Zum Beispiel: Viele reden nur noch, damit sie gar nicht mehr erst hören müssen, was ein anderer sagt. Andere sehen das ganze Leben nur in ihren eigenen ganz engen Verständnisschienen und können nichts mit den Augen anderer sehen. Sie haben so nur ihr eigenes enges Bild von der Welt und halten das für das wahre und einzige.
Andere sind eingebildet und stolz und kreisen nur um sich, stehen über allem und allen.
Wieder andere sind aggressiv, stachelig und igelig. Manche sind empfindlich, vor allem, wenn man ihnen etwas sagt. Für das, was sie anderen zumuten, haben sie viel weniger Sensibilität.
Alles das sind Taktiken, mit denen sich einzelne zu schützen versuchen. Sie meinen, dass wären die Wege, die etwas in der Welt oder für sie selbst besser machen könnten.
Aber es stimmt nicht!
Manchmal in lichten Momenten wundern wir uns ja, dass gar nichts besser wird – auch wenn ich mich noch so bemühe. Ganz im Gegenteil: Je älter ich werde, desto schlimmer wird es. Meine Strategie ist eben keine Lösung. Sie ist gar kein Weg, eher ein Holzweg, auf dem ich da gehe.
Genau da kommen nun die Engel ins Spiel. Sie flüstern uns beharrlich die Wahrheit ins Ohr. Das tun sie nicht böse oder strafend oder anklagend. Sie tun es nur so, dass wir es annehmen können – vorausgesetzt wir hören sie. Vorausgesetzt wir hören überhaupt hin und sind nicht nur mit unserem Eigenen beschäftigt.
Wir brauchen eine wirkliche Sensibilität für die Engel. Ohne eine Bereitschaft zu hören und zu sehen, hören wir von ihnen gar nichts. Wenn wir nicht aufhorchen, bleiben wir in unseren bekannten Kreisläufen gefangen bis zum bitteren Ende. Es kommt immer wieder im Leben das Gleiche, ob wir in Deutschland sind, oder in der Türkei, Im Himmalaja oder auf Bali – ganz egal.
Erst wenn wir auf die Engel hören, beginnt sich etwas zu ändern, werden wir gesund, voll, ganz, heil.
Engel sind Menschenflüsterer. Sie können in 1000 verschiedenen Gestalten zu uns kommen und in vielen Worten und Sprachen zu uns sprechen. Wenn wir wissen, dass das, was ich da höre, stimmt, und wenn wir ganz getroffen und betroffen sind – dann ist es ein Engelswort. Wir merken es schon.
Aber bloß nicht zu schell! Ganz vorsichtig damit! Es gibt auch falsche Einflüsterungen! Wir betrügen uns auch gerne selber, weil wir es gerne bequem und leicht haben. Wir hören nur zu gerne auf die leichten Wahrheiten. Aber die Wahrheit ist nicht leicht und schon gar nicht bequem.
Aber nur sie lohnt sich.
An den nächsten Adventssonntagen wollen wir noch einmal auf einige Engelsbotschaften hören. Was sagt der Engel z.B. dem alten Zacharias und der alten Elisabeth? Und was sagt er der jungen Maria ins Ohr? Was sagen und singen die Engel in der Heiligen Nacht auf den Feldern? Sie haben alle etwas in die Ohren zu flüstern – auch uns.
Das Wichtigste aber ist, was mein Engel mir sagt. Er ist ein Menschenflüsterer. Er sagt mir das Wichtigste und Richtigste für mein Leben.
Es wäre schade, wenn ich das immer überhören und verpassen würde, nur weil ich nicht richtig hinhöre oder keine Zeit für ihn habe.
AMEN

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