Konzept
für den Gottesdienst gemeinsam mit der niederländischen Gemeinde
zu Ostern 2020 in
Alanya
Eingangsgebet
Gott, du
kommst zu uns in der Frische des Anfangs,
wir kommen zu
dir mit unseren alten Gewohnheiten.
Du kommst zu
uns im Geist der Wahrheit,
wir kommen zu
dir mit unseren Selbsttäuschungen.
Du kommst zu
uns in deiner Heiligkeit,
wir kommen zu
dir mit unserer Trägheit.
Befreie uns
von den Früchten des Todes und schenke uns die Freude, deinen Weg mit uns zu
erkennen in Jesus Christus, dem auferstandenen Herrn. Amen.
Predigt zu
Matthäus 28, 2-10 (Einheitsübersetzung)
2 Da
bebte plötzlich die Erde, denn der Engel des Herrn kam vom Himmel herab,
trat an das Grab, rollte den Stein weg und setzte sich darauf.
3 Er
leuchtete wie ein Blitz und sein Gewand war schneeweiß.
4 Als die
Wächter ihn sahen, zitterten sie vor Angst und fielen wie tot zu Boden.
5 Der
Engel sagte zu den Frauen: »Ihr braucht keine Angst zu haben! Ich weiß,
ihr sucht Jesus, der ans Kreuz genagelt wurde.
6 Er ist
nicht hier, er ist auferweckt worden, so wie er es angekündigt hat. Kommt her
und seht die Stelle, wo er gelegen hat!
7 Und
jetzt geht schnell zu seinen Jüngern und sagt ihnen: 'Gott hat ihn vom Tod
auferweckt! Er geht euch voraus nach Galiläa, dort werdet ihr ihn sehen.' Ihr
könnt euch auf mein Wort verlassen.«
8 Erschrocken
und doch voller Freude liefen die Frauen vom Grab weg. Sie gingen schnell zu
den Jüngern, um ihnen die Botschaft des Engels zu überbringen.
9 Da
stand plötzlich Jesus selbst vor ihnen und sagte: »Seid gegrüßt!« Die Frauen
warfen sich vor ihm nieder und umfassten seine Füße.
10 »Habt
keine Angst!«, sagte Jesus zu ihnen. »Geht und sagt meinen Brüdern, sie sollen
nach Galiläa gehen. Dort werden sie mich sehen.«
Liebe
Gemeinde,
Ostern
im Jahre 2020. An der türkischen Riviera. Wir kommen zusammen zum
Festgottesdienst am Fest des Lebens. Urlauber und Residenten; Christen aus den
Niederlanden und Deutschland auch von anderswo. Freie Tage zum Genießen des
Alters, oder auch zum Ausspannen vom Alltag. Wir genießen es, hier in Alanya,
wo es wärmer ist als in Europa.
Ostern im Jahre 30 nach
Christus. Vor den Toren Jerusalems. Am Morgen dieses 12. April melden
Wachsoldaten ihrem Befehlshaber etwas verlegen: "Der Leichnam des Jeschua
ben Josef, auf Befehl des römischen Prokurators Pilatus hingerichtet, ist aus
dem Grab verschwunden." Der große Stein, der vor den Eingang des
Felsengrabes gerollt worden war, um ihn ganz dicht zu verschließen, sei durch
unbekannte Kräfte zur Seite geschoben. Sie berichten weiter von ungeklärten
Umständen, von Erdstößen und seltsamen Lichterscheinungen.
Der
Wachhabende schreit etwas von "Schlafmützen". Aber er will kein
Aufsehen. Eine Meldung an den Statthalter über dieses eher unbedeutende
Ereignis wird es nicht geben.
An
diesem Morgen des 12. April gehen Frauen zu eben diesem Grab in den Felsen. Sie
wissen: Jesus ist tot. Sie gehen, weil sie ihn verehren, den Hingerichteten,
den so schändlich Gekreuzigten. Sie gehen, damit ihre Trauer und ihre Tränen
einen Ort haben. - Auch diese Frauen wissen sehr genau:
In
unserer Welt zählen nur die Tatsachen. Die klaren Tatsachen. Heute wie damals.
Die Tatsachen besagen, dass die Mächtigen sich nicht gern ins Handwerk pfuschen
lassen. Die Tatsachen sagen, dass Tote tot sind und nicht wieder lebendig
werden. Die beiden Frauen kommen zum Grab. Aber sind sie überhaupt richtig? Das
Grab ist leer. Der Stein ist weggerollt. Plötzlich werden die Frauen von Licht
überflutet. Eine Lichtgestalt zerreißt den Schleier des Todes. Die Frauen hören
eine Stimme: "Fürchtet euch nicht! Ich weiß, dass ihr Jesus, den
Gekreuzigten sucht. Er ist nicht hier. Er ist auferstanden..."
Die
Frauen sind wie betäubt, überwältigt von ihren Gefühlen. Sie rennen los. Sie
wollen den Jüngern berichten, diese Neuigkeit den anderen ins Gesicht schreien.
Dann sehen sie Jesus. Sie fallen vor ihm nieder, umklammern seine Füße, wollen
ihn einfach nicht loslassen. Dann sagt auch er diese Worte zu ihnen: "Fürchtet
euch nicht!"
Wie
die Geschichte weitergeht, ist bekannt. Aber: war das Grab wirklich leer?
Gerade Frauen, so behaupten oftmals die Männer, lassen sich leicht von Gefühlen
treiben. Können es nicht ihre eigenen Träume, Wunschvorstellungen gewesen sein,
die ihnen diese Bilder von Licht vor die Augen projiziert haben?
Mitte
April: Osterferien in den Bergen. Eine Gruppe von Familien hat sich in einer
Pension, einem alten Bauernhaus in Südtirol eingemietet. Alle finden das
großartig: Osterferien im Schnee. In den Tagen von Gründonnerstag bis Ostern
begegnen sie der alten Tradition. Einige erleben in der Kirche des kleinen
Südtiroler Ortes, wie die Einheimischen, einer nach dem anderen, ein altes
Kruzifix küssen. Später hört man im Pensionshaus von der Bauersfamilie ein
gemeinsames Gebet. Na ja. Als dann die Erwachsenen abends gemütlich beim Wein
zusammensitzen, kommt das Gespräch auf Ostern, auf die Auferstehung. Die Kinder
liegen schon in den Betten, sie wissen nicht mehr viel vom österlichen
Geschehen. Sie freuen sich auf das Ostereiersuchen.
Einer
spricht von der Unsicherheit der Historiker, ob die biblischen Berichte denn
überhaupt einen echten Hintergrund haben. An sich sei diese Geschichte ja für
den naturwissenschaftlich geprägten Menschen von heute nicht mehr zumutbar.
In
der Tat:
Viele
Fragen stellen sich uns an diese Geschichte aus dem Matthäusevangelium. Aber
wir sollten einmal die Gegenprobe versuchen:
Angenommen,
es hätte die Auferstehung nicht gegeben, nur diese Kreuzigung; dieses
entsetzliche, hoffnungslose Ende eines Gefolterten. Was würde das bedeuten? Das
würde doch heißen: Das Gute zu tun ist sinnlos. Der Tod ist die einzige große
Gewissheit, die uns bleibt. Wir können eigentlich nur hoffen, dass es uns nicht
so schnell erwischt, dass uns so um die neunzig Jahre vergönnt sind, ja, und
dann, dass da ein paar Dinge in unserem Leben auch sinnvoll sind: Die Familie
und die Kinder vielleicht, die Arbeiststelle, das Häuschen im Grünen, die
Wohnung in Alanya oder der heißersehnte Urlaub.
Jesus
Christus ist ohne seine Auferstehung nicht begreifbar! Gott will uns nicht allein lassen auf
dieser Erde. Diese gequälte Erde braucht die Hoffnung der Auferstehung. Die
Hungrigen sind noch hungrig. Menschen sind ohne Obdach und ohne Frieden. Die zu
kurz Gekommenen, die Verdammten dieser Erde warten und werden immer
ungeduldiger. In den Gefängnissen vieler Länder leiden zu Unrecht Gefolterte.
Wir können das schwer ertragen, dauernd daran erinnert zu werden.
Karsamstag.
Eine Gipfeltour ist angesagt. Strahlende Sonne empfängt die Urlauber, als sie
schweißgebadet in der Gipfelregion angekommen sind. Ein wunderbarer Rundblick.
Nach ausgiebiger Pause ist es höchste Zeit für die Abfahrt. Bei der Fahrt über
den Hang in blendendem Weiß geschieht es: ein Schneebrett löst sich und donnert
zu Tal. Mit knapper Not gelingt die Flucht.
Allen zittern die Knie. "Na, da hat der liebe Gott noch einmal
seinen dicken Daumen dazwischen gehalten," sagt einer. So greifbar nah war
der Tod. Eine Frau sagt: "Und das zu Ostern!"
Der
Stein ist weggesprengt vom Grab: durch die Kraft des Lichtes; durch die Macht
des Lebens. Das Ereignis von Ostern, liebe Gemeinde, ist tatsächlich nie
unumstritten gewesen und wird es wohl auch nie sein. Wenn man das leere Grab
nachweisen könnte mit hieb- und stichfesten Beweisen, dann würde ja Gott
nachzuweisen sein, zu unserer Verfügung, greifbar und handhabbar, dann wäre er
einzuordnen in das Periodensystem menschlichen Denkens. Dann könnten wir ihn
berechnen. Mit einem Wort: Dann wäre Gott nicht mehr Gott. Und dann wäre auch
Glaube nicht mehr Glaube, sondern Wissen. Hans Werner Dannowski hat das einmal
so geschrieben: "Begreifen, was Ostern ist, kann nur einer, wenn er Tod
und Leben ganz dicht beieinander lässt. So, wie wenn man aus dem Auto steigt
und hat so gerade noch bremsen können, man hat sozusagen den kalten Atem des
Todes gespürt, und die Knie zittern.... Dann spürst du Ostern. Ostern, das ist
nämlich nicht der Ausdruck einer billigen Lebensphilosophie, dass alles schon
nicht so schlimm sei und am Ende alles gut sein wird. Nein. Ostern, das ist der
Glaube an den Gott, der den Tod niedergerungen hat." - Und Martin
Luther hat in einer Osterpredigt gesagt: "Wenn Christi Auferstehung
geprediget wird, gibt's immer ein Erdbeben." Hier in der Türkei ist das
schon manchmal so, dass die Erde bebt. Bei uns in Mitteleuropa sind Erdbeben
selten, äußerst selten. Zum Glück. Aber leider sind auch die geistlichen
Erdbeben, die Luther meint, sehr selten geworden.
Ostersonntag
in den Bergen Südtirols. Nach einem ausgiebigen Frühstück, bei dem die Glocken
ringsherum zum Osterfest einladen, bricht die Gruppe auf. Ihr Weg führt sie an
einem "Marterl" vorbei, einem Bild des Gekreuzigten also. Sie bleiben
kurz stehen, verschnaufen sich und erblicken auf einer kleinen, verwitterten
Tafel den Spruch: "Lieber Wanderer, gedenke des Herrn und Heilands Jesus
Christus, der für dich am Kreuz gestorben und auferstanden ist von den
Toten." Einen Augenblick bleiben sie stehen und schweigen, dann geht's
weiter ausgelassen und fröhlich hinein in diesen schönen Ostertag. Die
Schrecken der Schneelawine sind schon gänzlich vergessen.
Die
Erschütterungen, liebe Gemeinde, die durch die Auferstehung des Jesus Christus
ausgelöst werden, sind beileibe nicht immer wie Lawinen in meinem Leben.
Manchmal, oft sogar, bleiben sie leise, ganz leise. Im Grunde sind sie nur für
denjenigen wahrnehmbar, der Augen und Ohren hat für die Bewegungen. Diese
"Erdbeben" wälzen die Steine von den Gräbern der Angst und des Todes.
Die Auferstehung Jesu Christi setzt Zeichen in unser Erdendasein, Zeichen des
Lebens gegen den Tod.
Was
heißt das?
Ostern
ist das Fest des Lebens! Auch unsere Probleme werden nicht verschwunden sein,
wenn wir in Zeiten nach "Corona" Gottesdienste wieder in unserem
Kirchenraum feiern. "Wenn Christi Auferstehung gepredigt wird, gibt's
immer ein Erdbeben." Dieses Erdbeben ist längst nicht immer wie eine
Lawine aus Schnee und Eis, die uns unter sich begräbt. Nein, im Gegenteil –
dieses Erdbeben befreit uns aus den Gräbern des Untergangs.
Der
Stein ist weggerollt vom Grab. Christus ist auferstanden. Die Nacht vergeht.
Der Tag bricht an. Der Tod ist nicht ewig. Die Hoffnung ist stärker.
Und
der Friede Gottes, welcher aus Gnade und Freundlichkeit besteht, bewahre Eure
Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen
Schlussgebet
Mein Herz voll
Dankbarkeit,
meine Seele
leuchtet wie die Sonne am Morgen.
Die Schatten
der Nacht sind verflogen,
vergangen, was
dunkel und schwer auf mir lastete.
Denn du, Gott,
hilfst mir aus
Ohnmacht und Verzweiflung.
Ich streife
ab, was mich lähmt,
was mich
festhält an vergangenen Sorgen,
und
Hindernisse, hoch wie Berge,
schrecken mich
nicht mehr.
Segenswort
Wenn wir jetzt durch diesen Tag gehen
in unseren Häuser und Wohnungen, so lasst uns leben im Segen und mit dem Segen
unseres Herrn:
der
auferstandene Christus segne uns, er erfülle unsere Herzen mit österlicher
Freude,
er
schenke uns das Licht von Ostern, das uns aus seiner Ewigkeit entgegenstrahlt.
Der
Herr erhebe sein Angesicht auf uns und schenke uns seinen Frieden, heute –
und
in aller Ewigkeit. Amen
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