Ostermontag 13. April 2020 um 11 Uhr in Belek (Türkei)
Gebet: Herr des Lebens,
du hast dich
damals den Jüngern bekannt gemacht als der Auferstandene. Damit hast du ihrem
Leben eine neue Dimension eröffnet. Nicht mehr die Angst erfüllte sie,
sondern Freude. Ihre Niedergeschlagenheit wandelte sich in Zuversicht.
Sie konnten ihr Leben wieder lieb haben.
Herr des
Lebens, tue das heute bei uns! Mache dich uns so klar wie den Jüngern. Denn wir
sind oft kleinmütig und fürchten uns vor Menschen und Ereignissen. Wir möchten
uns auf uns selbst zurückziehen und voneinander abkapseln.
Herr des
Lebens, mache uns zu Lebenshelfern und Freudebringern da, wo es uns möglich
ist. Aber da, wo unser Einfluss nicht hinreicht, da möchtest du hineinwirken
zum Frieden und Heil der Menschen.
Amen.
Text zur
Predigt: 1. Korither
15, 50-58 (Lutherbibel von 2017)
50 Das sage
ich aber, liebe Brüder, dass Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht ererben
können; auch wird das Verwesliche nicht erben die Unverweslichkeit.
51 Siehe, ich
sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden
aber alle verwandelt werden;
52 und das
plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune. Denn es wird die
Posaune erschallen und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir
werden verwandelt werden.
53 Denn dies
Verwesliche muss anziehen die Unverweslichkeit, und dies Sterbliche muss
anziehen die Unsterblichkeit.
54 Wenn aber
dies Verwesliche anziehen wird die Unverweslichkeit und dies Sterbliche
anziehen wird die Unsterblichkeit, dann wird erfüllt werden das Wort, das
geschrieben steht: "Der Tod ist verschlungen in den Sieg.
55 Tod, wo ist
dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?"
56 Der Stachel
des Todes aber ist die Sünde, die Kraft aber der Sünde ist das Gesetz.
57 Gott aber
sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus!
58 Darum,
meine lieben Brüder und Schwestern, seid fest und unerschütterlich und nehmt
immer zu in dem Werk des Herrn, denn ihr wisst, dass eure Arbeit nicht
vergeblich ist in dem Herrn.
Predigt zu 1. Korinther 15, 50-58
Liebe
Gemeinde,
Paulus
weiß ein Geheimnis. Woher, sagt er nicht. Er sagt es auch nicht allen,
er sagt es den "Brüdern".
Vielleicht
ist das ja die einzig angemessene Weise, über solche Dinge zu reden. Sich auf
so ein Gebiet zu begeben, wo noch niemand war, von wo noch niemand
zurückgekommen ist; davon zu erzählen, "was keines Menschen Auge gesehen
und in keines Menschen Herz gekommen ist". Aber Paulus weiß es, sagt er.
Nur, warum sagt er: "Ich sage euch ein Geheimnis"? Will er, dass es
seine Hörer nicht weitersagen sollen? Dabei müsste er doch wissen, dass etwas
gerade dan viel interessanter wird, wenn es im Vertrauen erzählt wird. Dass
Geheimnisse sich noch viel schneller verbreiten als gewöhnliche Nachrichten.
Und die Korinther sind nun wahrlich nicht so, dass sie ihr Geheimnis für sich
behalten. Sie und viele Menschen danach wollten unbedingt, dass dieses
Geheimnis weiter-gesagt wird. Bis heute. Voller Freude, flüsternd ins Ohr, aber
doch so, dass es keiner vergisst: "Wir werden nicht alle entschlafen,
aber wir werden alle verwandelt werden, plötzlich, in einem Augenblick, beim
Klang der letzten Posaune. Dann werden die Toten auferstehen unverweslich und
wir werden verwandelt werden."
Liebe
Gemeinde, ich kenne Menschen, die ganz dringend immer wieder danach fragen, was
denn wohl nach dem Tod sein wird. Denen es eine schreckliche Vorstellung ist,
dass danach alles zu Ende sein soll. Dass die Blumen, die einmal über dem Grab
wachsen werden, alles sein sollen. Ich kenne aber auch Menschen, die sagen:
"Wenn ich alle nach dem Tod wiedersehen soll, finde ich das schrecklich.
Mir wäre es am liebsten, wenn danach einfach Ruhe ist und alles ein Ende
hat."
Das
Geheimnis, das Paulus damals den Korinthern gesagt hat, ist bis heute nicht
vergessen. Nicht bei uns. Aber es ist auch bis heute noch nicht eingelöst
worden. Bis heute sind wir unterwegs zu diesem Ziel und machen uns auf dem Weg
gegenseitig Mut, zehren immer wieder von der großen Hoffnung auf unser aller
Verwandlung, auf die Auferstehung von den Toten, darauf, dass am Ende der Tod
verschlun-gen sein wird in den Sieg und sein Stachel uns nicht mehr weh tun und
töten kann.
Jetzt
zu Ostern feiern wir das Fest, das die größten Hoffnungen der Christenheit
nährt. Wo, wie wir es hier bei Paulus hören und auch glauchen können,
Unwahrscheinliches gesagt wird. Wenn das wahr ist, was zu Ostern verkündigt
wird von den Kanzeln und gefeiert wird in den Gottesdiensten, dann müsste alle
Verzweiflung am Leben ein Ende haben. Dann hat jedes Leben einen Sinn, auch
dann, wenn es viel zu früh zu Ende geht, auch dann, wenn vieles in ihm falsch
gegangen ist, auch wenn jemand nach menschlichem Ermessen um sein Leben
betrogen wurde. Dann haben auch alle die, die zu kurz gekommen sind, nicht
umsonst gelebt. Dann gibt es auch für sie noch eine Zukunft. Wenn das, was
Paulus hier als Geheimnis weitersagt, wirklich wahr ist, dann hat Gott
niemanden vergessen, dann wird er am Ende sein Versprechen wahr machen. Dann
gibt es eine letzte Hoffnung auch für die, denen kein Arzt mehr Hoffnung auf
Genesung machen kann. Auch für die hoffnungslosen Fälle. Auch für die, die kaum
richtig gelebt haben. Und diese Hoffnung heißt: Gottes ewiges Reich.
Liebe
Gemeinde, ich kann hier keinen Beweis liefern dafür, dass Paulus recht
hat. Es gibt nun mal niemanden, der von dort wieder zu uns zurückgekommen ist,
und wer weiß, ob wir ihm überhaupt Glauben schenken würden.
Es
ist ein wenig wie bei der Parabel von den beiden Reisenden. John Hicks, ein
amerikanischer Theologe, hat sie einmal erzählt. Und die geht so:
Zwei
Männer reisen gemeinsam eine Straße entlang. Der eine glaubt, dass sie zur
himmlischen Stadt, der andere, dass sie nach nirgendwo hinführt.Aber da es nur
diese eine Straße gibt, sind beide Männer auf sie angewiesen. Beide haben den
Weg noch nie zurückgelegt; deshalb wissen sie zu keinem Zeitpunkt, was sie
hinter der nächsten Straßenbiegung erwartet. Sie erleben auf ihrer Reise
Augenblicke der Freude und der Ermunterung, aber auch solche der Mühe und
Gefahr. Die ganze Zeit über sieht sich der eine der beiden auf einer
Pilgerfahrt zur himmlischen Stadt. Die angenehmen Reiseabschnitte begrüßt er
als Ermutigungen, die Hindernisse als Prüfungen und Lektionen, die ihm vom
König jener Stadt auferlegt wurden, damit er bei seiner Ankunft am Zielort
würdig sei, dort zu leben. - Der andere der beiden glaubt jedoch an nichts
dergleichen und betrachtet die Reise als eine ziellose, aber unvermeidbare
Irrfahrt. Da ihm in der Sache keine Wahl bleibt, erfreut er sich der angenehmen
Seiten und erträgt die unangenehmen. Für ihn gibt es keine himmlische Stadt,
die man erreichen, keinen allumfassenden Zweck, welcher der Reise einen Sinn
verleihen könnte. Im Guten wie im Schlechten gibt es nur die Straße und die
Geschicke der Reise. Während der Reise ist die Mei-nungsverschiedenheit
zwischen den beiden keiner empirischen, also sichtbaren, Überprüfung
zugänglich. Über den weiteren Verlauf der Straße haben sie keine
unterschiedlichen Erwartungen, sondern nur über den endgültigen Zielort.
Hinter der letzten Straßenbiegung wird es jedoch offenkundig werden, dass einer
von ihnen die ganze Zeit über mit seinen Vermutungen recht hatte und der andere
unrecht.
So
mag es sein, liebe Gemeinde. Was am Ende wirklich sein wird, ist auf dem Wege
nicht zu beweisen, aber auf jeden Fall wird einer der beiden am Ende Recht
haben und der andere Unrecht.
Das
"Leben auf dem Weg" ist zweideutig. Dieselben Ereignisse lassen sich
verschieden deuten. Für die einen ist es ein glücklicher Zufall, wenn er bei
einem Verkehrsunfall gerade noch mit dem Leben davonkommt, für den anderen
hatte Gott dabei seine helfende Hand im Spiel. Für den einen ist ein Mensch
lästig, der mich sehr anstrengt und mir viel Mühe macht, für den anderen eher
eine Aufforderung, auch in ihm meinen Bruder / meine Schwester in Christo zu
erkennen. Geheimnis des Glaubens, wer kann dich ergründen?
Eigentlich
verträgt dieses Thema die Kanzel und die Öffentlichkeit gar nicht so gut. Nicht
zufällig redet Paulus von "Geheimnis". Besser wäre wohl das Gespräch
unter vier Augen, vertraulich. Vielleicht so wie eine Mutter ihrem Kind
erzählt, dass es bald ein Geschwisterchen bekommt, auf der Bettkante oder auf
dem Sofa, kurz vor dem Schlafengehen. Auch für Paulus ist die Zeit des
öffentlichen Ausposaunens noch nicht gekommen. Sie wird noch kommen, beim Klang
der letzten Posaune, wenn öffentlich und für alle sichtbar sein wird, wie Gott
seine Welt gemeint hat. Wenn er die alte Schöpfung verwandeln wird, wenn er aus
dem Niedrigen, Unschein-baren, Verweslichen etwas Herrliches, Prächtiges,
Unverwesliches machen wird.
Aber
eben – und manchen Unverbesserlichen sei das in das Stammbuch geschrieben – es
ist noch nicht so weit. Es wird noch gestorben. Der Tod hat seinen Stachel
noch nicht verloren, sondern schlägt und trifft immer wieder gut und
schmerzlich. Noch leben wir in dieser unerlösten Welt, noch leben wir im
Glauben, nicht im Schauen!
Solange
die Eltern, deren Sohn sich das Leben genommen hat, sich noch Vorwürfe machen,
sich quälen und sich nicht unter Menschen trauen, hat der Tod seinen Stachel.
Solange Familienväter ihr Leben an den Alkohol, solange junge Menschen ihr
Leben an die Drogen, solange einsame Frauen ihr Leben an die Tablettensucht
wegwerfen müssen, hat der Tod seinen Stachel.
Aber
wenn es soweit sein wird, wenn die letzte Posaune erschallt, dann beginnt die
große Verwandlung. Dann geht es sicher auch um die vielen Todeserfahrungen, die
Menschen in ihrem Leben machen. Dann geht es wohl auch um unsere kleinen,
herabgesetzten Hoffnungen, z.B. Dass die Kopfschmerzen verschwinden (Stichwort:
Hauptsache: Gesundheit), oder dass die Sonne wieder herauskommt für warme
Knochen im Alter oder die Urlaubszeit mit der Reise an die türkische Riviera.
Aber noch viel, viel mehr liebe Schwestern und Brüder, geht es dann um
die großen, die ganz und gar unbescheidenen Hoffnungen für jeden einzelnen und
für diese Welt.
Wenn
die letzte Posaune erschallt, dann wird Gerechtigkeit und Friede
herrschen. Dann wird alles, alles gut. Auch wir, die wir aus Fleisch und
Blut sind, und Gottes neuer Welt mit unserer Eigensucht so oft im Weg stehen.
Aus uns selbst heraus machen werden wir sie nicht, und automatisch
werden wir auch nicht durch die Pforte des Todes hinüberrutschen können. So,
wie wir sind, jedenfalls nicht. Aber wir werden verwandelt werden, neu
geschaffen.
Keine
große Abrechnung wird es geben, nicht Rachegelüste werden befriedigt von ewiger
Verdammnis, sondern die Verwandlung zur neuen Schöpfung, von der Gott
selbst am Ende sagen wird: "Es ist sehr gut!" Auferstehungsglaube
heißt, dass Todesbilder sich verwandeln in Hoffnungsbilder. Wir müssen
Schrecken und Angst nicht verdrängen, sondern können darauf vertrauen, dass uns
in Kreuz- und Todesangst und in der Verzeiflung Kraft und Mut zuwächst.
Und der
Friede Gottes, der höher ist als unsere menschliche Vernunft es fassen kann,
bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Heiland. AMEN
Gebet
Herr des
Lebens, du hast dich damals den Jüngern und Jüngerinnen bekannt gemacht als der
Auferstandene. Damit hast du eine neue Dimension eröffnet. Nicht mehr die Angst
erfüllte sie, sondern Freude. Ihre Niedergeschlagenheit wandelte sich in
Zuversicht. Sie konnten ihr Leben wieder liebhaben.
Herr des
Lebens, tue das heute bei uns! Mach dich uns so klar wie deiner Jüngerschaft
damals. Denn wir sind oft kleinmütig und fürchten uns vor Menschen und
Ereignissen. Wir möchten uns auf uns selbst zurückziehen und voneinander
abkapseln.
Herr des
Lrebens, mach' uns zu Lebenshelfern und Freudebringern da, wo es uns möglich
ist. Aber da, wo unser Einfluss nicht hin-reicht, da möchtest du
hineinwirken zum Frieden und Heil der Menschen. Amen.
Segenswort
Jesus
Christus beauftragt seine Gemeinde: Wie mich mein Vater gesandt hat, so
sende ich euch. Wirkt als Salz der Erde und Licht der Welt. - Dazu segne und
Behüte uns Gott, der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und
der Heilige Geist. Amen
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